Kommentar:Auf geht's, Deutschlands-Fonds

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Der Bund erwirtschaftet Milliardenüberschüsse. Er sollte das Geld einem unabhängigen Staatsfonds geben - zur Rettung der Rente.

Von Simone Boehringer

Es ist leicht, neidisch zu werden: Der norwegische Staatsfonds meldet Milliardengewinne. In den 20 Jahren seines Bestehens hat er um fast zwölf Milliarden Euro besser abgeschnitten als der Markt. Das ist etwa so viel, wie der Bund 2017 an Überschuss erwirtschaftet hat. In der Bundesrepublik streiten sich die Politiker, wie sie dieses Geld verteilen. Gerade jetzt, in den Sondierungen zur Regierungsbildung wird deutlich: Ein wachsender Teil der Einnahmen wird zur Sicherung des Rentensystems benötigt.

In Norwegen dagegen ist klar: Der Statens pensjonsfond Norge, wie er in der Landessprache heißt, investiert die Überschüsse aus Norwegens Ölförderung zum Gutteil am Kapitalmarkt und erwirtschaftet dank einer Rendite von regelmäßig mehr als fünf Prozent Reserven für die Bevölkerung, wenn es mal nicht so gut läuft. Auch einige Golfstaaten sorgen so für die Zeit nach dem Öl vor. Norwegens Staatsfonds ist mit einem Volumen von einer Billion Euro derzeit der größte seiner Art. So groß, dass die Norweger jedem Bürger aus der Rendite 10 000 Euro ausschütten könnten - pro Jahr wohlgemerkt.

Es wird nicht einfach, die Erträge vor Begehrlichkeiten zu schützen. Eine Aufgabe für die Bundesbank

In Deutschland dagegen laboriert die Politik seit bald 30 Jahren an der Altersvorsorge, vermehrt aber kein Geld zur besseren Bewältigung der Lasten. Dabei macht es der demografische Wandel immer schwerer, dieses auf einer Umlage von Jung zu Alt basierende Generationensystem zu erhalten. Zu den Beitragseinnahmen kommen immer höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt hinzu. Trotzdem sinkt das staatliche Rentenniveau weiter. Viel Geld gibt der Bund deshalb zusätzlich für die Bezuschussung der sogenannten Riester-Rente aus. In privaten Bank- oder Fondssparplänen soll die Bevölkerung für ein auskömmliches Alterseinkommen sorgen. Doch mit dem Andauern der Niedrigzinsphase werfen auch diese streng regulierten Policen immer weniger ab. Die Verwaltungsgebühren fressen die Mini-Renditen auf.

Warum also nicht jetzt, da die Regierungsbildung noch nicht entschieden ist, die Gunst der Stunde nutzen und einen Staatsfonds zur Aufbesserung der Rente gründen? Zugegeben, die Idee ist nicht ganz neu, ein Deutschland-Fonds wurde in den vergangenen Jahren schon diskutiert. Jetzt könnte man in Berlin einen neuen Anlauf wagen, ohne sich in festgefahrenen Strukturen zu verheddern. Das Rentenproblem ist dringend. Egal, wer am Ende regiert, sie oder er muss handeln.

In Deutschland gibt es zwar kein Öl, aber dank der Konjunktur satte Steuereinnahmen, aus denen sich der Haushaltsüberschuss speist. Dieser könnte in den Deutschland-Fonds investiert werden. Zudem kann die Bundesrepublik zu Minizinsen Bundeswertpapiere herausgeben; was sie ohnehin regelmäßig macht, um alte Schulden abzulösen. Warum also nicht auch zum Anschub für den Deutschland-Fonds Mittel über Bundeswertpapiere aufnehmen? Sobald die Zinsen steigen, kann man diese Praxis beenden. Wenn die Investments des neuen Staatsfonds auch nur annähernd die Renditen erzielen, die Norwegen und andere Länder damit erwirtschaften, lohnt sich dieses Vorgehen.

Sollten die Rendite-Erwartungen einmal nicht erfüllt werden, weil eben Geldanlagen in Aktien, Immobilien oder andere Wertpapiere auch mal zu Verlusten führen, können die Deutschland-Fondsmanager diese Durststrecke im Unterschied zu den Bundeshaushältern aussitzen. Denn eine garantierte Entnahme sollte es für die jeweilige Regierung nicht geben. Anlage-Entscheidungen muss ein unabhängiges Management treffen - und dann zum Beispiel gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister nach bestimmten Kriterien über Entnahmen entscheiden.

Es wird nicht einfach sein, die Erträge eines solchen Staatsfonds vor Begehrlichkeiten zu schützen. Hier könnte die Bundesbank eine neue Rolle finden. Kaum eine Institution hat einen besseren Ruf in Sachen Unabhängigkeit und Geldkompetenz. Ein Fondsmanagement bei der Bundesbank dürfte auch bei der Bevölkerung hinreichend vertrauenswürdig sein, um wahlweise auch privates Geld dort anzulegen. Wichtig ist zudem, die Höhe der Investments im eigenen Land zu begrenzen, damit der Staat nicht durch die Hintertür in die Firmenpolitik etwa von Dax-Konzernen hineinreden kann.

Das sind Details für die politische Debatte: Soll der Deutschland-Fonds etwa helfen, die Infrastruktur im Land zu sanieren? Welche ethischen Richtlinien gelten? Vorbilder gibt es zuhauf. Es kommt darauf an, endlich anzufangen mit dem Deutschland-Fonds, um ein dringend benötigtes weiteres Standbein für die Altersvorsorge zu schaffen.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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