Kommentar:Aktion saubere Weste

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Der Vorstand der Deutschen Bundesbank muss jetzt deren Glaubwürdigkeit sichern. Gibt er sich eine Blöße, einen Mann mit Fehl und Tadel in den eigenen Reihen zu belassen, steht als nächstes die Unabhängigkeit zur Diskussion.

Von Helga Einecke

Die Bundesbank ist unabhängig. Das schafft Vertrauen, weil Politiker so gar nicht erst in Versuchung geraten können, eine Politik des billigen Geldes erzwingen zu wollen.

Die Kehrseite dieser Unabhängigkeit besteht darin, dass die Währungsbehörde von niemandem wirklich kontrolliert wird.

Der Mangel hat bisher niemanden gestört, weil es über die Führung der Bundesbank kaum Klagen gab. Nun ist es so weit, und nicht nur wegen einer Lappalie. Die Führung der Bundesbank entscheidet wegen der Adlon-Affäre über den Abgang des eigenen Chefs - in dessen Abwesenheit.

Quasi Selbstkontrolle

Die Bundesbank muss also quasi Selbstkontrolle ausüben und viele fragen sich, wie das gehen soll. Die Diskussion über die Zukunft von Ernst Welteke ist eine brisante Angelegenheit, ganz unabhängig von den beteiligten Personen.

Mit welcher Begründung kann der Chef abgesetzt werden? Wie halten es die anderen Vorstände mit ihren Spesen? Dem Gremium gehören neben Welteke sieben Mitglieder an. Sie haben unterschiedliche Parteibücher - ein Spiegelbild des deutschen Föderalismus und der damit verbundenen Konsenskultur.

Den Präsidenten, seinen Stellvertreter und zwei weitere Vorstände schlägt die Bundesregierung vor, die übrigen der Bundesrat. Die Aufteilung wurde erst vor zwei Jahren im Zuge der Bundesbankreform gesetzlich festgelegt.

Möglichst viele politische Lager wollten Leute ihres Vertrauens in eine Institution von bislang untadeligem Ruf schicken.

Der wichtigste Posten

Der wichtigste Posten bleibt derjenige des Bundesbankpräsidenten. Nur er gehört dem Rat der Europäischen Zentralbank an und bestimmt die Zinsen und die Stabilität des Geldes in Europa mit. Das ist wichtig, weil Deutschland die Nation mit den meisten Menschen und dem größten ökonomischen Gewicht in der Währungsunion ist.

Die im Frankfurter Eurotower beschlossene Politik muss er den Bürgern vermitteln; er ist damit das Bindeglied zwischen der Zentralbank und den Menschen, die mit dem Euro leben und ihm zum Teil immer noch misstrauen. Daneben führt er die Bundesbank wie ein normaler Behördenchef.

Es geht bei dieser Affäre also nicht mehr um die Person von Welteke. Es geht um den Ruf der Bundesbank und der Europäischen Zentralbank. Als Chef der Institution und als Mitglied der übergeordneten Währungsbehörde muss er eine saubere Weste haben, um seiner Arbeit nachzugehen.

An die Zukunft denken

Die sieben Männer des Bundesbankvorstandes müssen auch an die Zukunft der Bundesbank denken, die sich wegen der Währungsunion ohnehin neu erfinden muss. Geben sie sich die Blöße, einen Mann mit Fehl und Tadel in den eigenen Reihen zu belassen, steht als nächstes die Unabhängigkeit zur Diskussion.

Auf jeden Fall muss die Aufklärung der Affäre Sauberkeit in das Abrechnungsgebaren der Bundesbankführung bringen. Die Europäische Zentralbank hat für ihre Spitzenleute bereits einen Verhaltenskodex eingeführt. Die Bundesbank muss hier schnell nachziehen.

© SZ vom 08.04.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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