Klimaschonende Binnenschifffahrt:Kiel auf dem Sand

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Binnenschiffe transportieren Waren klimaschonend, doch die Erderwärmung macht die Wasserstraßen zu einer unzuverlässigen Route.

Henning Hinze

Natürlich ist das normal, immer im Spätsommer sieht der Rhein so aus: Die Kiesbänke am Ufer sind trocken, der Fluss hat sich in die Mitte seines Bettes zurückgezogen.

(Foto: Foto: AP)

So sah er schon in den sechziger Jahren aus, als auf dem schmutzigen Wasser die Kohle für das Wirtschaftswunder transportiert wurde, und so sieht er in diesem Herbst aus. Von Klimawandel keine Spur. Oder doch?

"Die Binnenschiffer werden von der Erderwärmung betroffen sein. Ihnen steht das Wasser zwar nicht bis zum Hals, aber sie sitzen mit dem Kiel auf dem Sand", sagt Olav Hohmeyer, Professor an der Uni Flensburg und Mitglied der UN-Klimakommission, die in diesem Sommer Aufsehen erregt hat.

Paradoxon

"Der Klimawandel ist real, und kommt schneller, als wir befürchtet haben", sagt er. Für Schifffahrt und Häfen bedeutet das ein Paradoxon: Einerseits ist der Transport auf den Wasserstraßen unübertroffen energiesparend und damit klimaschonend. Andererseits erschwert der Klimawandel die verlässliche Nutzung der Binnenschifffahrt, denn er verschärft die bestehenden Probleme: Hoch- und Niedrigwasser.

Weil ein kleinerer Teil der Niederschläge als Schnee und Eis in den Bergen bleibt und ein zunehmender Teil sofort ins Tal und in die Flüsse fließt, führt Regen schneller zu Hochwasser. Im Sommer fehlt dagegen der in hohen Lagen tauende Schnee.

Inzwischen ist Schiffern und Hafenbetreibern aufgegangen, dass sie darauf reagieren müssen - und dass ihre Möglichkeiten doch begrenzt sind.

Güterverkehrszuwächse

"Angesichts der prognostizierten Güterverkehrszuwächse können es sich Politik und Wirtschaft gar nicht leisten, auf ein funktionierendes System Wasserstraße zu verzichten", appelliert der Präsident des Bundesverbandes der öffentlichen Binnenhäfen (Böb), Rolf Bender.

Die staatliche Unterstützung ist der einzige Ausweg. Denn die Häfen können zwar in Kai- und Ladeanlagen investieren, die den Umschlag weniger anfällig für Wasserstandsschwankungen machen. Das Kernproblem wird damit aber nicht gelöst.

Bei extremen Wasserständen können die Schiffe nicht fahren, und daran können weder Häfen noch Schiffer etwas ändern. Überschwemmungsflächen und Rückhaltebecken an den Oberläufen der Flüsse können sie ebenso wenig selbst bauen wie Staustufen an den Unterläufen zur Wasserregulierung.

Häfen als Schnittstelle

Nicht nur, aber auch wegen des Klimawandels positionieren sich die Häfen deshalb inzwischen als Schnittstelle der Verkehrsträger. "Die Kunden wollen die Vorteile der Binnenschifffahrt, aber sie wollen nicht jedes Mal neu planen müssen, wenn sich das Wetter ändert", sagt Böb-Geschäftsführer Michael Probst. "Das ist unser großer Vorteil, denn wir haben Zugang zu allen drei Verkehrsträgern."

Die Häfen, bisher oft verschlafene Umschlagplätze mit Straßen- und Gleisanschluss, bieten deshalb zunehmend Transportlösungen an, die notfalls auch ohne Schiff auskommen.

"Bei Hochwasser verladen wir dann eben auf die Bahn oder notfalls auf Lastwagen", sagt Probst. "Dem Kunden ist der Transportweg egal. Der will, dass die Ware pünktlich ankommt."

© SZ vom 17.10.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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