Kirk Kerkorian zum Neunzigsten:Der alte Mann und das Geld

Lesezeit: 2 min

Der ehemalige Preisboxer gründete nach dem Krieg eine kleine Fluggesellschaft, stieg auf und nervt heute in bester Heuschreckenmanier die Autobranche - Kirk Kerkorian traut man in der Finanzwelt auch mit 90 Jahren immer noch alles zu.

Michael Kuntz

In den Hauptversammlungen von Volkswagen und MAN musste sich Großaktionär Ferdinand Piëch von Klein-Anteilseignern fragen lassen, warum er denn unbedingt Vorsitzender des Aufsichtsrates werden wolle, obwohl er nun schon siebzig Jahre alt ist. Dieses Problem kennt Kirk Kerkorian nicht - und der wird an diesem Mittwoch neunzig.

Analysten und Investoren kommentieren jeden Schritt von Piëch auf dem Weg zu einem weltumspannenden Familienkonzern in der Automobilindustrie kritisch. Doch die Finanzwelt hegt keinerlei Zweifel an den kühnsten Plänen des zwanzig Jahre älteren Kerkorian. Der machte zuletzt Schlagzeilen mit einer Kaufofferte für Chrysler über 4,5 Milliarden Dollar.

Mit ihr kam der greise amerikanische Milliardär zwar nicht zum Zuge, aber immerhin war er der Erste, der sich öffentlich bereit erklärte, den DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche von seiner drückenden Last zu befreien, und zwar mit einem konkreten Angebot.

Der Schrecken sitzt tief

Zweifel an der Geschäftsfähigkeit im weitesten Sinn gab es keine. Im Gegenteil. Eine Zeitung titelte begeistert: "Auch mit knapp 90 Jahren will Kirk Kerkorian noch langfristig investieren." Offenbar sitzt der Schrecken tief, den der ehemalige Preisboxer als Finanzier in der Autoindustrie verursacht hat. Man traut dem Mann, dessen Vermögen auf 15 Milliarden Dollar geschätzt wird, einfach alles zu.

Zwei Jahre lang nervte Kerkorian in bester "Heuschrecken"-Manier das Management des weltgrößten Autoherstellers. Er hatte 2005 schrittweise 9,9 Prozent der Aktien von General Motors gekauft. Kerkorian verlangte drastische Sparmaßnahmen, Kürzungen sowohl bei der Dividende wie auch den Bezügen des Managements.

Auf Druck des Großaktionärs trennte sich General Motors bis auf Daewoo von allen asiatischen Beteiligungen. Erst mit der Forderung nach einer Fusion von GM mit Renault-Nissan konnte sich Kerkorian nicht durchsetzen. Der Finanzier verlor die Lust an General Motors und senkte seinen Anteil unter die meldepflichtige Schwelle von fünf Prozent.

Streit mit DaimlerChrysler

Dies war nicht das erste Engagement von Kerkorian in der Autoindustrie, das im Streit endete. So hatte der Sohn armenischer Einwanderer 1990 einen Anteil von 9,8 Prozent an Chrysler gekauft, später auf 14,1 Prozent erhöht. Nach der Fusion mit Daimler war er mit vier Prozent an der neuen DaimlerChrysler AG beteiligt. Von der forderte er 20 Milliarden D-Mark Schadensersatz. Daimler habe Chrysler unter Wert erworben und faktisch eingegliedert. Damit kam Kerkorian vor Gericht nicht durch. Er trennte sich von seinen Anteilen.

Heute investiert Kerkorian wieder so wie früher: im Spielerparadies Las Vegas. Hier gehört ihm die Mehrheit am Glücksspiel-Konzern MGM Mirage, den er dreimal ver- und wieder zurückkaufte. Dabei machte er jedes Mal Gewinn, beim letzten Handel sollen zwei Milliarden Dollar herausgesprungen sein.

Investieren wie früher

Ursprünglich wollte der in Kalifornien geborene Sohn des Obsthändlers Ahron Kerkorian Profiboxer werden, immerhin wurde er als "Rifle Right Kerkorian" Amateurmeister an der Pazifikküste. Die Ausbildung als Fluglehrer finanzierte er sich als Knecht auf einer Milchfarm. Nach der Zeit als Kriegspilot gründete er eine Charter-Fluggesellschaft, die in Las Vegas operierte.

Kirk Kerkorian lebt nach drei Ehen zurückgezogen in Los Angeles, fördert über seine Lincy-Stiftung soziale Projekte in Armenien und hält sich durch tägliches Tennisspiel fit.

© SZ vom 05.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: