Keine weiteren Kredite:Aero Lloyd überraschend pleite

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Die Insolvenz des Ferienfliegers Aero Lloyd kommt völlig überraschend. Die Mehrheitsgesellschafterin Bayerische Landesbank hatte zuvor entschieden, keine weiteren Kredite zu vergeben.

Über den Insolvenzantrag der Aero Lloyd Flugreisen GmbH & Co. Luftverkehrs KG wird laut Amtsgericht Bad Homburg heute wohl nicht mehr entschieden. Richter Günther Orgaß sagte, für eine "sachgerechte Entscheidung" fehlten noch Unterlagen.

Aero Lloyd selbst teilte mit, trotz eines umfangreichen Sanierungs- und Restrukturierungskonzepts der seit 1. Juni 2003 tätigen neuen Geschäftsführung habe die Bayerische Landesbank als Mehrheitsgesellschafter und größter Kreditgeber jetzt entschieden, die notwendigen Kapitalmaßnahmen zur Sanierung der Bilanzsituation der Aero Lloyd nicht vorzunehmen. Damit werde zwingend der Insolvenzfall ausgelöst.

Die Bayerische Landesbank erklärte, angesichts hoher´Überkapazitäten im Flugmarkt sei "ein Erfolg versprechendes Fortführungskonzept nicht realisierbar". Nachfragesteigerungen im Markt seien nicht absehbar. Die anderen sechs Kreditgeber kamen laut Branchenkreisen zum gleichen Ergebnis.

11. September, SARS, Terror, Irak

Aero Lloyd sei von den Folgen des 11. Septembers, SARS, Terroranschlägen und des Irak-Kriegs stark betroffen gewesen, erklärte die Bank. Zudem sei wegen der Konjunkturflaute die Nachfrage nach Flugreisen drastisch gesunken.

Dies habe die Situation von Aero Lloyd zusätzlich verschärft. Die Landesbank hält 66 Prozent der Aero-Lloyd-Anteile. Aero Lloyd hat nach eigenen Angaben etwa 1.400 Beschäftigte und verfügt über 21 Airbus-Flugzeuge.

Die Airline flog rund 60 Ferienziele in 13 Ländern an und beförderte 2002 rund ungefähr 3,5 Millionen Flugreisende rund ums Mittelmeer nach Ägypten, Marokko, Griechenland, Spanien, Portugal oder in die Türkei.

Pleite kam vollkommen unerwartet

Auch für den Luftverkehrsverband BARIG kam die Pleite vollkommen unerwartet. BARIG-Generalsekretär Martin Gaebges sagte, er sei am Morgen von der Insolvenz "völlig überrascht" worden. Gaebges führte die Pleite auf die schwache Konjunktur zurück. Es gebe zu wenig Passagiere für die Luftfahrtunternehmen, dazu komme der harte Wettbewerb in der Branche.

Unterdessen kümmern sich die Reisekonzerne, die Passagiere auf Aero-Lloyd-Flüge gebucht hatten, um Ersatzangebote für ihre Kunden. Laut TUI waren rund 1.300 Touristen beim größten deutschen Reisekonzern betroffen, bei Thomas Cook waren es 1.000. Bei beiden Unternehmen ging es um Reisen von und nach Griechenland und Ägypten.

Hotlines

Für TUI-Kunden, die mit Aero Lloyd fliegen sollten, wurde eine Hotline unter der Telefonnummer 0511-5678000 eingerichtet, bei Thomas Cook unter der Telefonnummer 01803-100380.

Überblick über Ansprüche von Passagieren:

Wie sind Pauschalreisende vor der Zahlungsunfähigkeit einer Fluggesellschaft geschützt?

- Urlauber, die Flug und Hotel als Pauschalpaket gebucht haben, können sich auf das Reisevertragsrecht berufen. Damit ist nicht die Fluggesellschaft haftungspflichtig, sondern der Reiseveranstalter. Im Falle von Aero Lloyd haben diese Kunden damit Glück, da der Veranstalter für Ersatzflüge sorgen muss.

Wie sieht die Lage bei Kunden aus, die nur den Flug gebucht haben?

- Einzelpassagiere, das sind bei Aero Lloyd rund 20 Prozent aller Fluggäste, haben schlechte Karten. Für einen gebuchten Flug gibt es keinen Ersatz, auch wenn er schon bezahlt ist. Auch den Rückflug aus einem bereits angetretenen Urlaub müssen sie selbst organisieren.

Grundsätzlich haben aber auch Nur-Flug-Passagiere einen Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises und der Zusatzkosten. Sie müssen ihre Forderungen schriftlich gegenüber dem Insolvenzverwalter der Fluggesellschaft geltend machen.

Aus der Konkursmasse werden allerdings zunächst die Ansprüche der Großbanken und der Arbeitnehmer bedient. Verbraucherschützern zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Ansprüche von Einzelkunden reguliert werden, damit gering.

Kommt der Reiseveranstalter für zusätzliche Kosten auf?

- Ja, bei einem Ausfall des Fluges oder erheblichen Verzögerungen müssen Veranstalter von Pauschalreisen für zusätzliche Hotelübernachtungen oder Aufwendungen für Verpflegung aufkommen.

Dürfen Pauschalreisende zur Selbsthilfe greifen?

- Ja, wenn der Veranstalter vergeblich - und am besten schriftlich und per Einschreiben - um einen Ersatzflug gebeten wurde. Fischer zufolge könnte der Reisende dann grundsätzlich auch einen teuren Linienflug buchen, wenn eine preiswerte Variante per Charterflieger nicht möglich ist.

Kann Preis von Pauschalreisen gemindert werden?

- Ja. Generell gilt, dass ab der fünften Verspätungsstunde fünf Prozent des Tagespreises zurückverlangt werden können. Maximal können 20 Prozent des Gesamtreisepreises wegen Verspätungen geltend gemacht werden. Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreuden gibt es grundsätzlich nicht.

Können Pauschalreisende ihre Reise kostenlos stornieren, wenn sie wegen einer Airline-Pleite nicht am geplanten Termin stattfindet?

- Nach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist ein kostenloser Reiserücktritt nur dann möglich, wenn der Wert der Urlaubsreise durch die Verzögerungen ganz erheblich gemindert wird. Nach geltender Rechtsprechung sei dies nur der Fall, wenn etwa die Hälfte des gebuchten Urlaubs beeinträchtigt ist.

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