Keine Elefanten-Hochzeit:Fusion von Microsoft und SAP gescheitert

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Das Softwareunternehmen war an SAP herangetreten, um über eine mögliche Fusion zu diskutieren. Das wurde erst jetzt bekannt — kurz vor den Verhandlungen um den Versuch von Oracle, PeopleSoft zu übernehmen.

Kurz vor Beginn der Verhandlungen um den Übernahmeversuch von PeopleSoft durch Oracle ist bekannt geworden, dass Microsoft vor wenigen Monaten an SAP herangetreten war, um seinerseits eine mögliche Fusion zu diskutieren.

Microsoft-Gründer Bill Gates. Foto: dpa (Foto: N/A)

SAP begründete diese Bekanntgabe der inzwischen eingestellten Fusionsverhandlungen damit, dass im Laufe des Oracle-PeopleSoft-Verfahrens möglicherweise vertrauliche und interne Informationen an die Öffentlichkeit hätten gelangen können.

Sondierungsgespräche bereits beendet

Vor einigen Monaten habe Microsoft die Gespräche wegen der Komplexität einer solchen potenziellen Transaktion beendet, hieß es.

Die gescheiterten Fusionsgespräche des weltgrößten Software-herstellers Microsoft und der Walldorfer SAP AG waren wohl mehr als nur ein unverbindlicher Flirt zwischen den Software-Titanen.

Immerhin haben Bill Gates und Hasso Plattner, die beiden legendären Chef-Softwarearchitekten von Microsoft und SAP, dem Vernehmen nach über Monate hinweg direkt über einen Zusammenschluss der beiden Unternehmen verhandelt.

Übernahme statt Fusion

Finanzanalysten und Softwareexperten sind sich weitgehend einig, dass beide Konzerne gut beraten waren, die größte Elefanten-Hochzeit in der Geschichte der Softwareindustrie rechtzeitig abzusagen.

"Es wäre ohnehin eine Übernahme durch Microsoft und keine Fusion gewesen", sagt Andre Köttner, Manager eines Technologie-Fonds der Union Investment GmbH in Frankfurt, der rund ein Prozent der SAP-Aktien hält.

"Fusionen zwischen Softwareunternehmen sind notorisch schwierig. Und in diesem Fall hätte ich erhebliche Bedenken gehabt", meint Felix Csajka, Analyst der Schweizer Bank Hoffmann AG.

Neue Wachstumsfelder

Microsoft versucht schon seit Jahren, außerhalb des Stammmarktes mit dem Betriebssystem Windows und der Bürosoftware Office neue Wachstumsfelder zu erschließen.

Für die Expansion im Bereich der Business-Software hat der Softwaregigant aus Redmond bislang 2,4 Milliarden Dollar (knapp zwei Mrd Euro) in die Hand genommen, um mit der Übernahme des US-Unternehmen Great Plains Software Inc. und des dänischen Anbieters Navision AS zumindest im Markt für Mittelstandssoftware Fuß zu fassen.

Eine Fusion von Microsoft und SAP wäre Microsoft-Chef Steve Ballmer viel teurer zu stehen bekommen. Schließlich sind die Aktien der SAP AG zusammen schon heute rund 41 Milliarden Euro (50 Mrd Dollar) wert.

Zwar verfügt Ballmer über Barreserven von über 55 Milliarden Dollar, so dass die Finanzierung des Geschäfts kein Problem gewesen wäre. Die Schwierigkeiten liegen woanders: "Beide haben sehr komplexe Produkte. Und es hätten sich kaum Vorteile aus der Fusion ergeben", sagt Analyst Csajka.

Wettbewerber beim Mittelstand

SAP und Microsoft produzieren beide Software, die in Unternehmen und Organisationen eingesetzt wird, um Arbeitsabläufe zu automatisieren, etwa bei der Warenwirtschaft, dem Einkauf, der Rechnungsstellung oder in den Personalabteilungen.

Microsoft zielt mit seinem Angebot aber auf kleinere Unternehmen, während SAP vor allem Umsatz mit Großkunden wie DaimlerChrysler oder Nestlé macht. Im harten Wettbewerb stehen beide Anbieter beim Mittelstand, der sowohl von SAP als auch von Microsoft bedient wird.

Europas größter Softwareanbieter SAP kann sich nach dem Bekanntwerden des "Heiratsantrags" geschmeichelt zurücklehnen. Viele werten den Vorstoß von Microft auch als Indiz, dass der US-Konzern mit seinen eigenen Bemühungen im Businessmarkt nicht so richtig voran kommt.

Nach Ansicht des Softwareunternehmens Oracle zeigen die abgebrochenen Fusionsgespräche zwischen Microsoft und SAP, dass es genügend Wettbewerb im Markt für Unternehmenssoftware gibt.

"Das ist ein Beispiel für das große Spiel, das Ausmaß an Wettbewerb, den es derzeit in dieser Industrie gibt", sagte Oracle-Anwalt Dan Wall.

Die Annahme des US-Justizministeriums, eine Übernahme des Softwareunternehmens PeopleSoft durch Oracle würde die Zahl der konkurrierenden Unternehmen von drei auf zwei reduzieren, seien reine "Fiktion".

Bedenken wegen höherer Preise und sinkender Qualität

Nach Bekanntwerden der Fusionsgespräche zwischen Microsoft und SAP sehen sich inzwischen jedoch auch Kritiker der beabsichtigten PeopleSoft-Übernahme bestätigt.

Das Justizministerium will klären, ob die geplante Übernahme gegen das Kartellrecht verstößt. Kritiker befürchten, dass ein enormer Druck auf den Wettbewerb sowie höhere Preise und sinkende Qualität die Folge sein könnten.

Der zuständige Staatsanwalt Tom Barnett sieht in den aufgegebenen Gesprächen ein Indiz dafür, "dass Microsoft nicht das Potenzial oder den Plan hat, in diesen Markt einzutreten".

In dem Verfahren gegen Oracle versucht das amerikanische Justizministerium, unterstützt von mehreren US-Bundesstaaten, die PeopleSoft-Übernahme aus Wettbewerbsgründen zu verhindern.

PeopleSoft hatte sämtliche Oracle-Kaufangebote als unzureichend und wettbewerbswidrig abgelehnt. Oracle hatte seine Offerte an die PeopleSoft-Aktionäre wiederholt verlängert.

Mangelnde Konkurrenz befürchtet

Zuletzt hatte Oracle Ende Mai sein Angebot von 26 Dollar auf 21 Dollar je Aktie reduzierte.

Das Kartellverfahren wird voraussichtlich einen Monat dauern. Das Justizministerium will nachweisen, dass durch einen Kauf von PeopleSoft nur noch Oracle, die bisherige Nummer drei nach dem Übernahme-kandidaten, und Marktführer SAP als wesentliche Anbieter von Softwareprodukte für Großunternehmen und -organisationen übrig bleiben würden.

Oracle sieht dagegen nicht nur SAP, sondern auch Microsoft und kleinere Softwarefirmen als Mitspieler im globalen Markt für Unternehmens-software.

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