Kein Rückhalt mehr:Karstadt-Chef Achenbach muss gehen

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Bei der krisengeschüttelten Karstadt-Quelle AG kommt es erneut zu einem Wechsel an der Vorstandsspitze. Konzernchef Christoph Achenbach wird durch den bisherigen Finanzvorstand Harald Pinger ersetzt.

Von Stefan Weber und Martin Hesse

An diesem Mittwoch trifft sich der Ständige Ausschuss des Aufsichtsrats von Karstadt-Quelle in Frankfurt, um über eine Vertragsverlängerung Achenbachs zu beraten.

Zuletzt allein: Der bisherige Karstadt-Quelle-Chef Christoph Achenbach (Foto: Foto: dpa)

Wie die Süddeutsche Zeitung aus informierten Kreisen erfuhr, wird sich die Mehrheit des Gremiums gegen einen Verbleib des 46-Jährigen an der Konzernspitze aussprechen.

Nachfolger soll Harald Pinger werden, der erst im Herbst 2004 vom Industriegase-Hersteller Messer Griesheim zu Karstadt-Quelle gewechselt war und dort das Finanzressort übernommen hatte.

Ein Sprecher des Unternehmens wollte die Information nicht kommentieren.

Geschickte Verhandlungsführung

Beobachter bescheinigen dem 45-jährigen Pinger eine geschickte Verhandlungsführung mit Kreditinstituten und Investmentbanken, die bei dem angeschlagenen Handelskonzern inzwischen entscheidend mitreden.

Als Kandidat für den Vorstandsvorsitz bei Karstadt-Quelle war in verschiedenen Medien zuletzt immer auch wieder der Name von Klaus Eierhoff, dem Chef des Logistikunternehmens Thiel, gefallen. Er ist ein enger Vertrauter von Thomas Middelhoff, dem Aufsichtsratsvorsitzenden von Karstadt-Quelle.

"Ein Ablenkungsmanöver - die Würfel für Harald Pinger sind längst gefallen", heißt es in informierten Kreisen.

Achenbach hatte im Juni 2004 die Nachfolge des vorzeitig ausgeschiedenen Konzernchefs Wolfgang Urban angetreten. Zuvor war er für das Versandgeschäft von Karstadt-Quelle verantwortlich gewesen.

Sanierung stockt

Schon kurz nach seiner Berufung tauchten erste Gerüchte über eine baldige Ablösung auf. Kritiker bemängeln, dass der Vorstand Umsatz- und Ergebnisprognosen innerhalb kurzer Zeit mehrfach nach unten korrigierte. Auch das Tempo der Sanierung ist vielen Beteiligten nicht hoch genug.

Achenbach hatte es versäumt, gleich bei der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden auf die Verlängerung seines damals schon drei Jahre laufenden Vertrages als Vorstandsmitglied zu drängen. Somit endet seine Amtszeit offiziell im März 2006. Üblicherweise wird ein Jahr vor Ablauf des Vertrages über eine Verlängerung verhandelt.

Wegen des fehlenden Rückhalts im Aufsichtsrat ist davon auszugehen, dass Achenbach vorzeitig seinen Platz räumen wird und eine Abfindung erhält. Dem Vernehmen nach hat in diesem Zusammenhang in der vergangenen Woche ein Gespräch zwischen ihm und Middelhoff stattgefunden.

Längerlaufende Verträge

Die Verträge der übrigen Vorstandsmitglieder laufen entweder bis 2007 oder bis 2008. Mit Helmut Merkel, dem Chef des Warenhaus-Geschäfts, hat der Aufsichtsrat im vergangenen Jahr sogar eine bis 2010 datierte Zusammenarbeit vereinbart.

Unterdessen konkretisieren sich offenbar die Pläne für den Verkauf von 75 kleineren Karstadt-Warenhäusern. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat die paneuropäische Beteiligungsgesellschaft BC Partners ein erstes Angebot in Höhe von etwa 400 Millionen Euro für die Häuser vorgelegt. Die Preisvorstellung von Karstadt liegt bei 600 Millionen Euro.

Die Gespräche befinden sich noch in einem frühen Stadium, erst in den nächsten Wochen werden die Interessenten Einblick in die Bücher bekommen und dann ihre Angebote präzisieren. Spätestens Ende des dritten Quartals soll der Verkauf abgeschlossen sein.

Interesse an Kaufhäusern

Neben BC Partners sind laut Branchenkreisen mehrere Unternehmen aus der Branche und weitere Finanzinvestoren an den Kaufhäusern interessiert.

BC Partners zählt zu den größten europäischen Beteiligungsgesellschaften und hat unter anderem eine Niederlassung in Hamburg. Derzeit ist die Gesellschaft - sie gehört etwa 20 Partnern - im Begriff, gemeinsam mit dem Finanzinvestor Cinven das Buchungssystem Amadeus für mehr als vier Milliarden Euro zu übernehmen.

BC Partners sammelt wie andere Beteiligungsfirmen Geld bei vermögenden Privatinvestoren, Versicherungen, Pensionskassen und Banken, um die Mittel über Fonds in Firmenkäufe zu investieren.

Große Zuflüsse

Für einen neuen Fonds hat die Gesellschaft nach Angaben von Deutschland-Chef Jens Reidel bei Altinvestoren binnen drei Monaten bereits mehr als fünf Milliarden Euro gesammelt. "Mit der Schließung des Fonds rechnen wir im Mai", sagte Reidel auf Anfrage.

© SZ vom 06.04.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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