Kein öffentliches Bekenntnis:DaimlerChrysler übt sich in Schweigen

Lesezeit: 2 min

Für die Zukunft von Chrysler interessieren sich Aktionäre sowie Finanzinvestoren. Doch Konzernchef Dieter Zetsche will am Mittwoch auf der Hauptversammlung kein Urteil über die verlustreiche amerikanische Tochtergesellschaft abgeben.

Dagmar Deckstein und Michael Kuntz

Bei der Hauptversammlung von DaimlerChrysler am Mittwoch in Berlin will Konzernchef Dieter Zetsche weiter offen lassen, was aus der amerikanischen Tochterfirma Chrysler werden soll.

DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche will sich alle Optionen über die Zukunft der verlustreichen Tochter offenhalten. (Foto: Foto: AP)

Das erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus der Umgebung des größten deutschen Industrieunternehmens. Danach will Zetsche dem Drängen von Fondsvertretern nicht nachgeben, die ihm ein öffentliches Bekenntnis zur Trennung von Chrysler abverlangen.

Eine solche Erklärung sei allein schon deshalb nicht möglich, weil Gespräche noch in verschiedenen Richtungen geführt würden. Es sei daher unlogisch und auch von der Sache her nicht sinnvoll, wenn Zetsche sich während der laufenden Verhandlungen bereits in eine bestimmte Richtung äußern würde, hieß es in den Kreisen.

Sämtliche Optionen offenhalten

Daher werde es am Mittwoch während der Hauptversammlung in Berlin bei dem Stand der Dinge bleiben müssen, der bereits seit Mitte Februar Aktionäre und Finanzinvestoren in Spannung hält.

Bei der Bilanzvorlage am Chrysler-Stammsitz Auburn Hills hatte der Konzernchef erstmals angekündigt, für die Zukunft von Chrysler wolle er sich sämtliche Optionen offenhalten - bis hin zu einem Verkauf des im Jahr 1998 mit Daimler-Benz fusionierten Unternehmens. Chrysler wies zuletzt eine Milliarde Euro Verlust aus, obwohl das Unternehmen von Zetsche vor ein paar Jahren saniert worden war.

Einige Fondsgesellschaften haben angekündigt, den Druck auf Zetsche im Zusammenhang mit dem Chrysler-Verkauf erhöhen zu wollen. Sowohl die schwedische Investmentgesellschaft SEB als auch die Fondsgesellschaft der Genossenschaften, Union-Investment, werden sich beim Aktionärstreffen von Daimler-Chrysler für einen Rückzug von Chrysler stark machen.

Analysten plädieren für den Verkauf der Tochter

"Eine Abspaltung von Chrysler erscheint uns unter den gegebenen Bedingungen sinnvoll, da sich das Marktumfeld in den USA auch zukünftig sehr schwierig gestalten dürfte", sagte Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment.

Aus Analystenkreisen ist zu hören, dass für Zetsche angesichts des wachsenden Drucks des Kapitalmarkts ein Beibehalten des Status quo faktisch kaum mehr möglich ist.

Das sieht zum Beispiel Nord/LB-Analyst Frank Schwope so, fragt aber selbstkritisch: "Was kann ein anderer Autohersteller, ein Zulieferkonzern oder ein Finanzinvestor besser als Daimler selbst?"

Imageschaden aufpolieren

Der weithin als kritischer Konzern-Aktionär bekannte Würzburger Professor Ekkehard Wenger will auf der Hauptversammlung vollendete Tatsachen schaffen und beantragt, die DaimlerChrysler AG wieder in Daimler-Benz AG umzubenennen. Begründung: "Die Weiterführung einer Firmenbezeichnung, die an den missglückten Zusammenschluss mit Chrysler erinnert, ist dem Image der Gesellschaft und ihrer Produkte abträglich."

Die Kritischen Daimler-Aktionäre um den Freiburger Aktivisten und Buchautor Jürgen Grässlin fordern gleich den Rücktritt Zetsches, weil dessen Sanierungspolitik bei Chrysler zwischen "kläglich gescheitert" sei. Auf der Tagesordnung steht auch die Ablösung des langjährigen Aufsichtsratschefs Hilmar Kopper. Für ihn soll der derzeitige EADS-Co-Verwaltungsratschef Manfred Bischoff nachrücken.

Nicht nur wegen Chrysler droht Ärger beim Aktionärstreffen: Mitglieder der Tierversuchsgegner Berlin-Brandenburg, die Initiative Anti-Corrida und die Gruppe Fight Against Animal Cruelty in Europe wollen die Aktionäre über das Sponsoring von angeblich tierquälerischen Aktivitäten aufklären. Die Chrysler-Tochter Dodge soll jährlich mindestens 6,6 Millionen Dollar für brutale Rodeos in Amerika spenden.

© SZ vom 03.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: