Kaviar aus Aquafarmen:Modrig, fischig, klumpig

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Weil Eier wild lebender Störe knapp geworden sind, gehört die Zukunft dem Zuchtkaviar - und dem Etikettenschwindel.

Robert Lücke

Frank Brömmelhaus steckt den Perlmuttlöffel in den Mund, kaut und verzieht das Gesicht. Er probiert Zuchtkaviar, natürlich nicht den, den er selbst verkauft. Brömmelhaus, Chef des Handelsunternehmens Caviar House & Prunier in St. Augustin bei Bonn, führt nicht nur feinen und handverlesenen Störkaviar vom Kaspischen Meer ein, sondern bietet inzwischen auch den Rogen gezüchteter Fische an.

Zuchtkaviar aus Demmin in Mecklenburg-Vorpommern (Foto: Foto: dpa)

Diesem Zuchtkaviar gehört die Zukunft, denn Eier wild lebender Störe sind knapp geworden. Allerdings gibt es auch Züchter, die schlecht schmeckende Ware verkaufen - und diese irreführend als wilden Kaviar anpreisen.

Jahrelange Überfischung

Schuld am Mangel sind neben der Wilderei jahrelange Überfischung und die Verschmutzung der Gewässer. Seltene Dinge haben ihren Preis: Schon die legalen Fänge bringen daher mehr als 200 Millionen Euro ein - der gewilderte Kaviar Milliarden Euro. 90 Prozent der 800 bis 1000 Tonnen Störeier, die jedes Jahr weltweit gegessen werden, dürften aus illegalen Fischzügen stammen.

Naturschützer fürchten, dass die für die Kaviargewinnung besonders begehrten Störarten Sevruga, Beluga und Osietra die nächsten 20 Jahre nicht überleben.

Immer mehr Aquafarmer

Oder nur in Gefangenschaft: Immer mehr Aquafarmer in den USA, Frankreich, Italien und Spanien züchten und mästen Störe. Mehr als 250 Tonnen Zuchtkaviar kamen 2006 auf den Markt, und angesichts der rasant steigenden Nachfrage wird sich die Menge bald verdoppeln.

Doch Experte Brömmelhaus hält 80 Prozent des weltweit gehandelten Zuchtrogens für ,,reinen Schrott. Der ist modrig, fischig und klumpig.'' Inzwischen aber gebe es Zuchtware, die bei Blindverkostungen echten Kaviar übertrumpfte, sagt er.

Die fünf Zucht-Sorten, die sein Handelshaus ein Drittel billiger als wilden Kaviar anbietet, schmecken jedenfalls dem Baiersbronner Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt. Zwar sei wilder Rogen noch immer besser, sagt er, doch irgendwann werde die Erinnerung an ihn verblassen, und wenn es den nicht mehr gebe, sei Zuchtkaviar ein wirklich guter Ersatz.

Pflegeleichter Sibirischer Stör

Ein Problem sind allerdings Aquafarmer, die es mit der Deklaration ihrer Ware nicht so genau nehmen: Das Unternehmen Caviar Creator etwa verkauft Störeier mit dem Aufdruck ,,Kaviar Malossol Osietra. Echter Stör-Caviar aus ökologischer Produktion'' - die 50-Gramm-Dose zu 98 Euro. Der vermeintliche Osietra-Kaviar stammt aber nicht von wild lebenden Stören, sondern größtenteils aus Aquafarmen, wo meist der pflegeleichte Sibirische Stör gezüchtet wird und nicht der Osietra-Stör.

Dabei ist nach dem Lebensmittelgesetz ,,irreführende Kenntlichmachung'' verboten. Ein Sprecher von Caviar Creator sagt dazu, das Etikett weise doch darauf hin, dass die Ware aus einer deutschen Aquakultur stamme. Beim Geschmack indes gibt es keine Unklarheiten. Fachleute, die das Manager Magazin Ende 2005 zur Blindverkostung bat, fällten ein vernichtendes Urteil. Der von Caviar Creator angebotene Osietra sei mit seinem ,,muffigen Geschmack kaum genießbar''. Es muss nicht immer Kaviar sein, vor allem nicht dieser.

© SZ Primetime vom 26.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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