KarstadtQuelle:Politik streitet um staatliches "Notpaket"

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Die Opposition fordert den Bundeskanzler auf, in der Karstadt-Krise einzugreifen. Wirtschaftsminister Clement weist staatliche Hilfen für den Einzelhandel dagegen als "unseriös" zurück.

Angesichts des drohenden Verlustes tausender Arbeitsplätze beim angeschlagenen Handelskonzern KarstadtQuelle wird der Ruf nach staatlichen Hilfen immer lauter.

Der stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Rainer Brüderle und der CSU-Wirtschaftsexperte Johannes Singhammer forderten Kanzler Gerhard Schröder auf, die Krise des größten europäischen Warenhaus- und Versandhandelskonzerns zur Chefsache zu machen.

Der Hauptverband des Einzelhandels plädierte laut Netzeitung für eine befristete Mehrwertsteuersenkung zur Ankurbelung des Konsums.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement wehrte sich allerdings gegen derartige Forderungen. "Zunächst einmal ist es Aufgabe des Unternehmens selbst, sich zu helfen", sagte er im Bayerischen Rundfunk.

Und auch Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) warnte vor einem Eingreifen der Bundesregierung. Die betroffenen Menschen machten sich vergebens Hoffnungen: "Und hinterher geht es wie bei Philipp Holzmann oder beim Waggonbauunternehmen in Halle aus", sagte Althaus bei MDR INFO.

Er halte es für fatal, dass der Eindruck vermittelt werde, "Politik könnte wirtschaftspolitische Entscheidungen fällen".

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Brüderle hatte zuvor den Bundeskanzler zum Handeln aufgefordert. "Wir brauchen sofort ein Notpaket für die gesamte Branche", zitierte die Bild-Zeitung den Politiker.

Der CSU-Wirtschaftsexperte Johannes Singhammer sagte der Zeitung: "Schröder muss Karstadt zur Chefsache machen, weil es um eine riesige Anzahl von Arbeitsplätzen geht - aber mit mehr Erfolg als im Fall Holzmann."

KarstadtQuelle "nur die Spitze eines Eisbergs"

Ein Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) betonte unterdessen, laut Netzeitung, Karstadt sei "nur die Spitze eines Eisbergs" und schlug eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer vor.

"Dies wird in den USA sehr erfolgreich genutzt, um den Konsum zu stützen", zitierte ihn die Internet-Zeitung.

Bundeswirtschaftsminister Clement wies Forderungen nach einem Notpaket für den Einzelhandel allerdings als unseriös zurück.

Stattdessen bot er an, dem angeschlagenen Einzelhandelsunternehmen bei der Rettung von Arbeitsplätzen mit Mitteln der Bundesagentur für Arbeit zur Seite zu stehen. "Wir stehen gewissermaßen Gewehr bei Fuß, aber jetzt muss das Unternehmen handeln", sagte Clement im Bayerischen Rundfunk.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DSTGB) warnte unterdessen vor der drohenden Verödung vieler deutscher Innenstädte durch die Karstadt-Krise.

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Gerd Landsberg, sagte in einem Interview mit der Berliner Zeitung, gerade in kleineren Städten seien Kaufhäuser oft der zentrale Anlaufpunkt.

"Wenn so ein Kaufhaus schließt und es gibt keine Nachfolgenutzung, dann hat das einen Verödungseffekt mit gravierenden Folgen nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Stadt."

Der Konzern habe "eine soziale Verantwortung dafür, dass es nicht zu Leerständen kommt".

KarstadtQuelle-Vorstandschef Christoph Achenbach kündigte unterdessen in der Bild-Zeitung einen Gehaltsverzicht des Managements an. "Wir würden in dieser Lage des Konzerns eindeutig auf fünf oder zehn Prozent Einkommen verzichten", sagte er dem Blatt. "Man muss die Mitarbeiter weiterhin angucken können."

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