Karstadt "Oberpollinger":Größer, schöner, moderner - und teurer

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Die Karstadt-Filiale am Münchner Stachus gehört zu den Ertragsstärksten. Jetzt wird das Gebäude vergrößert, um exklusivere Waren anbieten zu können. Das Geschäft läuft, die Mitarbeiter stehen unter Druck.

Von Sebastian Bräuer

Vier Kräne drehen sich über der riesigen Baugrube hinter dem Karstadt "Oberpollinger" am Stachus (Karlsplatz). Der Gestank von heißem Asphalt liegt in der Luft. Bauarbeiter schreien gegen den ohrenbetäubenden Lärm der Maschinen an.

"Schon mal kräftig vorfreuen", empfehlen die Plakate an den Bauzäunen (Foto: N/A)

So sieht also eine Baustelle aus, auf der 10.000 Quadratmeter Kaufhausfläche entstehen. "Schon mal kräftig vorfreuen", empfehlen die Plakate an den Bauzäunen. Vorfreuen auf ein noch größeres Einkaufzentrum mitten in der Münchner Innenstadt. Schon heute bietet Karstadt im "Oberpollinger", dem Haus am Dom und dem Sporthaus direkt nebenan auf insgesamt 40.000 Quadratmetern alles an, was zum Leben nötig ist. Und mehr.

Im Erdgeschoss stehen pubertierende Mädchen kichernd vor einer breiten Palette Parfüms, sie wissen nicht für welche Marke sie sich entscheiden sollen. Die Damenmode breitet sich über zwei Stockwerke aus. In der dritten Etage Herrenmode, im vierten Stock alles für Kinder. Fast überall Markenware, gehobene Preisklasse.

"Hier bewegt sich etwas"

Im März 2006, wenn der Anbau fertig ist, werde das Sortiment noch breiter sein und das Angebot noch internationaler, verspricht Geschäftsführer Detlef Wulfes. "Hier bewegt sich etwas", sagt er. "Größer, schöner, moderner" werde das so genannte "Lifestyle-Warenhaus" nach der Renovierung sein, verkündet die Karstadt-Homepage.

Die Mitarbeiter sprechen derweil von Gehaltskürzungen, weniger Urlaubstagen und größerem Druck. Was im Zuge der Konzernsanierung genau auf sie zukommt, wissen sie noch nicht. Das Personal wird jedoch alles hinnehmen. An Protest oder Streik denke keiner, sagt Petra Schoens: "Wir sind froh, wenn wir unsere Arbeitsplätze behalten." Der Anbau sei ein Glück, meint sie: "Das wird gut bei den Kunden ankommen." Auch wenn die Mitarbeiter dann noch mehr zu tun hätten.

Der Druck ist schon heute groß. "Alle Abteilungen haben zu wenig Personal", sagt Azubi Max Niedermeier. Seine Aufgabe ist es, Ledertaschen und Reisegepäckstücke an den Mann zu bringen. In seiner Abteilung werde sich das Angebot 2006 verdreifachen, sagt er.

Auch Rubina Nasiri, Auszubildende mit Fachgebiet Herrenkonfektion, geht davon aus dass in ihrer Abteilung nach der Renovierung "noch mehr spezielle Marken" angeboten werden. Beide Lehrlinge sind zufrieden mit ihrer Lehrstelle: "Die Stimmung ist gut, es werden viele Schulungen angeboten."

Mehr als 1.000 Kunden pro Stunde

Gut geschult müssen die Verkäufer auch sein, um den Anforderungen des Alltags gewachsen zu sein. Ein älterer Herr hat eine Hose bei Karstadt gekauft und anschließend beim Schneider richten lassen. Jetzt möchte er die Rechnung von Karstadt bezahlt bekommen. Zwei Verkäuferinnen nehmen sich viel Zeit, um ihm zu erklären, warum das nicht geht.

Eine Beraterin sucht im gesamten Stockwerk nach dem "grünen Pullover von Benetton", den ein Kunde in der Werbung gesehen haben will. Den Pullover gibt es nicht, aber die Verkäuferin bleibt freundlich.

Am Eingang steht eine junge Mitarbeiterin und zählt die Kunden, die das Gebäude betreten. In den Hauptzeiten macht sie auf ihrem Zettel mehr als 1.000 Striche pro Stunde. Das Geschäft läuft. Am Karstadt Oberpollinger liegt es nicht, dass der Konzern in die tiefste Krise seiner Geschichte geraten ist. Vor dem Umbau sei sein Haus das Ertragsstärkste im gesamten Konzern gewesen, sagt Detlef Wulfes.

Während den Bauarbeiten wird das Sortiment kleiner gefahren, der Umsatz ist deutlich gesunken. Doch Wulfes kann das verkraften: Über eine Auslagerung aus dem Karstadt-Konzern wird ohnehin nur bei den Filialen mit weniger als 8.000 Quadratmetern diskutiert.

Am Ausgang stehen noch mehr Azubis - hier gibt es noch Ausbildungsplätze im Überfluss. Sie fragen die Kunden, wie zufrieden sie mit dem Geschäft, der Übersicht, der Beratung und den Preisen sind.

Die meisten Einkäufer wollen schnell ins Freie, möglichst nicht mit vollen Einkaufstüten in der Hand in eine Diskussion verwickelt werden und antworten kurz angebunden, dass alles prima sei. Nur die Preise halten einige für zu hoch. Zumindest das wird sich auch nach dem Umbau mit Sicherheit nicht ändern.

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