Kapriolen der VW-Aktie:Große und kleine Hedgefonds

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Wer in diesen Tagen die Börsenwelt nicht mehr versteht, der kann sich trösten: Auch Hedgefonds-Manager, von denen viele sich als Großmeister der Geldanlage betrachten, blicken offenkundig nicht mehr durch.

Martin Hesse

Da vervierfacht die VW-Aktie binnen zwei Tagen ihren Wert, während andere Autokonzerne unter einer Branchenkrise ächzen und Bankaktien ins Bodenlose fallen.

Bei VW haben sich Hedgefonds mit Wetten auf fallende Kurse verbrannt, auch für den Preissturz bei Finanztiteln wurden die spekulativen Investoren oft verantwortlich gemacht. Man mag daraus den einfachen Schluss ziehen, Hedgefonds gehörten verboten. Das aber wäre falsch und ginge an den wahren Problemen vorbei.

Sonderfall, aber kein Einzelfall

Eins vorweg: VW ist zwar ein Sonderfall, aber kein Einzelfall. Selten werden Investoren so krass auf dem falschen Fuß erwischt wie die Hedgefonds bei dem Autokonzern. Der Fall steht jedoch für viele Beispiele, wo Hedgefonds jetzt unter dem Druck der Finanzkrise Wetten beenden müssen.

Sie geraten in eine Abwärtsspirale, weil sie ihren Einsatz mit geliehenem Geld erhöhten. Jetzt rutscht der Wert ihrer Anlagen und gleichzeitig fordern die Banken für ihre Kredite höhere Sicherheiten und Investoren ziehen Geld aus den Fonds ab. Notverkäufe sind die Folge, viele Hedgefonds werden in den kommenden Monaten schließen müssen.

Verschuldung reduzieren

Notverkäufe? Spekulation auf Pump? Anlegerflucht? All diese Stichworte sind zuletzt auch im Zusammenhang mit Banken gefallen. Und tatsächlich wiederholt sich bei Hedgefonds im Kleinen, was die Bankenwelt seit Monaten in Atem hält: Sie müssen die Verschuldung reduzieren und sich gesundschrumpfen.

Man kann nicht oft genug daran erinnern, dass bei Banken die Relation zwischen Schulden und eigenem Kapital weit höher ist als bei den meisten Hedgefonds. Manche Investmentbanken setzen bis zum Hundertfachen des Kapitals für Spekulationsgeschäfte ein. Ja selbst Staaten wie Island haben sich letztlich so verhalten, wie man es Hedgefonds stets vorwirft - sie bauten ihr Wachstum auf Pump.

All das entschuldigt nicht die Fehler der Hedgefonds, aber es relativiert sie. Einige neue Regeln sind dennoch nicht nur für Banken, sondern auch für Hedgefonds sinnvoll. Den Kreditinstituten werden die Aufsichtsbehörden vermutlich eine besserere Kapitalausstattung verordnen, um Verschuldung und Risiko im Bankensystem zu senken.

Sinnvoll könnte es sein, die Spekulation auf Pump für Hedgefonds und andere Investoren zu begrenzen. Wenn die Börse steigt, kann diese Bewegung dadurch überzeichnet werden, dass Anleger mehr Geld investieren, als sie haben. Jetzt beschleunigt das Anlegen auf Pump den Abschwung.

Verbot von Leerverkäufen hat kaum genutzt

Sinnvoll wäre es auch, Hedgefonds mehr Transparenz abzuverlangen, sie besser zu beaufsichtigen und so mit anderen Fonds gleichzustellen. Dafür sind neben den Behörden auch Banken verantwortlich, die den Fonds zu leichtfertig Kredit gaben und auf die nun die Probleme der Spekulanten zurückfallen.

Wie wenig dagegen ein Verbot von Leerverkäufen bringt, hat sich in den vergangenen Wochen gezeigt: Bankaktien, die ja von Leerverkäufen in vielen Ländern ausgenommen sind, sind weiterhin besonders dramatisch gefallen. Ein generelles Verbot, geliehene Aktien zu verkaufen und so von fallenden Kursen zu profitieren, hätte vielleicht die Panikkäufe verhindert, die VW jetzt so nach oben getrieben haben.

Das Hauptproblem liegt jedoch auch bei VW woanders: Porsche hat mit einer verdeckten Anschleichstrategie das Angebot an VW-Papieren so verknappt, dass schon allein deswegen nach Bekanntwerden des Coups der Kurs hochschnellen musste. Man kann der Deutschen Börse die Frage stellen, ob VW bei einem Streubesitz von knapp sechs Prozent überhaupt noch im Dax notiert sein dürfte.

Die Hedgefonds selbst werden im Übrigen von ihren Investoren eine Lektion erteilt bekommen. So leichtfertig wie jetzt werden die Geldgeber den Versprechungen der Manager nicht mehr glauben. Und manch einer wird sich fragen, ob er nicht gleich in Porsche-Aktien anlegt - bei einem der cleversten Hedgefonds-Manager der jüngeren Vergangenheit.

© SZ vom 29.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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