Kapitalismus-Streit neu entfacht:Ackermann attackiert Müntefering

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Der Deutsche-Bank-Chef Ackermann hat erstmals zu der gegen ihn gerichteten Kritik im Kapitalismus-Streit Stellung bezogen und die Debatte damit neu entfacht. SPD-Politiker warfen ihm einen "verengten Blick" vor.

Von Lothar Gries und Nina Bovensiepen

Ackermann verwahrte sich gegen die Kritik der SPD an Unternehmern. Die Vorwürfe des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering seien beschämend, sagte Ackermann, der persönlich Ziel dieser Angriffe war, am Mittwoch auf der Hauptversammlung der Bank.

In Angriffslaune: Josef Ackermann (links) und Franz Müntefering.. (Foto: Fotos: ddp, dpa)

SPD-Politiker warfen ihm daraufhin vor, den Kern der Diskussion über die Verantwortung deutscher Unternehmen nicht zu verstehen. Mehr Kontrolle der Vorstände erhofft sich die Regierung durch ein neues Gesetz zur Offenlegung von Manager-Gehältern.

Erstmals nahm Ackermann auf der Aktionärsversammlung der Deutschen Bank zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen in der Kapitalismus-Debatte Stellung.

Der Vorstandschef griff Müntefering dabei scharf an. Er empfinde es als "beschämend", dass die Kritik auch gegen die Deutsche Bank und ihn persönlich gerichtet sei.

"Vokabeln aus der Zeit des realen Sozialismus"

"Niemand - zumindest niemand, den ich kenne - will einen Kapitalismus pur und schon gar nicht einen Raubtier-Kapitalismus", sagte der Manager vor etwa 5200 Aktionären in Frankfurt. "Das sind Vokabeln aus der Zeit des realen Sozialismus, und wohin der geführt hat, ist ja bekannt."

Die Debatte schaffe keinen einzigen Job. Im Ausland löse sie Kopfschütteln aus und schade damit dem Standort Deutschland.

Gut einen Monat nach Münteferings Einlassungen zum Kapitalismus äußerte sich mit Ackermann eine Symbolfigur dieser Debatte. Zugleich erhielt die Diskussion wenige Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen neue Nahrung.

Persönlich kritisiert

Müntefering hatte den Deutsche-Bank-Chef persönlich kritisiert, weil Ackermann eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent anstrebt und trotz steigender Gewinne die Entlassung von 6400 Mitarbeitern angekündigt hatte.

Der Manager bezeichnete den Stellenabbau jetzt als schmerzhaft, aber unumgänglich. Erfolg sei kein Selbstzweck. Die Bank riskiere aber, ohne ihn im globalen Wettbewerb unterzugehen.

Prominente SPD-Politiker beschuldigten Ackermann nun, den Kern der Debatte nicht verstanden zu haben. Der "verengte Blick" des Bank-Chefs zeige, dass dieser zu Recht zu einer Symbolfigur der Kapitalismus-Diskussion geworden sei, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Müller, der Süddeutschen Zeitung.

"Es ist bedenklich, dass Herr Ackermann sein freiheitliches Verständnis auf das Ökonomische reduziert." Der SPD gehe es nicht um einen "Rückfall in antiquierte Strukturen, sondern um wirtschaftliche Stabilität von morgen".

"Hinweis auf Sozialismus abstrus"

Der Finanzexperte der Partei, Joachim Poß, nannte Ackermanns Hinweis auf den Sozialismus "abstrus". Damit diffamiere der Manager alle, die sich um den sozialen Zusammenhalt kümmerten. "Der SPD geht es um Regeln im und für den Kapitalismus und nicht um Anti-Kapitalismus."

Um mehr Kontrolle und Transparenz in den Vorstandsetagen geht es der Regierung laut Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) auch bei ihrem neuen Gesetz zur Offenlegung von Manager-Bezügen.

Das Kabinett beschloss am Mittwoch den Entwurf. Alle knapp tausend börsennotierten Unternehmen in Deutschland müssen danach erstmals in ihren Geschäftsabschlüssen für 2006 die Bezüge aller Vorstandsmitglieder angeben. Darunter fallen Gehälter genauso wie Pensionsansprüche, Abfindungen oder Dienstvillen. Bei Verstoß droht eine Geldbuße von 50.000 Euro.

Stärkung der Aktionäre

Verzichten können die Firmen auf eine Offenlegung nur, wenn eine Dreiviertelmehrheit der Aktionäre dies beschließt. Ziel der Regelungen, wie es sie in vielen anderen Ländern schon lange gibt, sei eine Stärkung der Aktionäre, erklärte Zypries.

Der Bundesregierung gehe es nicht darum, Neiddebatten zu befriedigen oder um "die Einführung des Sozialismus auf Vorstandsebene".

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Jürgen Thumann, kritisierte in Anspielung auf den Kabinettsbeschluss kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die Regierung habe das Gesetz in unnötiger Eile durchgepeitscht.

"Mär"

Zypries bezeichnete es dagegen als "Mär", dass die rot-grüne Koalition das Vorhaben mit Blick auf die Wahl beschleunigt habe. Die Union erklärte, weil die Unternehmen zu lange gezögert hätten, Gehälter zu veröffentlichen, habe an einem Gesetz kein Weg vorbeigeführt.

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