Kampf ums Wirtschaftsministerium:Der Stehaufminister

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Wolfgang Clement würde seinen Job in einer großen Koalition gerne weitermachen - dies scheint wieder möglich zu sein.

Nina Bovensiepen

Für einen, der vielen schon als abgeschrieben galt, hat Wolfgang Clement einen gut gefüllten Terminkalender. Heute ist der Wirtschaftsminister bei den Sondierungsgesprächen für eine große Koalition dabei, am langen Wochenende hat er die SPD in Nordrhein-Westfalen und den Gewerkschaftstag der IG Bau besucht, vergangene Woche war er in Weimar und Jena unterwegs, außerdem galt es ebenfalls mit der Union zu sondieren sowie die allmonatliche Pressekonferenz zu den Arbeitslosenzahlen zu halten. Am Rande von letzterer Veranstaltung gab der Minister einen typisch Clement-Satz von sich: "Ich glaube, Sie würden etwas vermissen, wenn ich nicht mehr kommen würde."

Ähnliches hat er am gleichen Platz schon oft gesagt. Andererseits war vor einigen Monaten nur noch Clement selber davon überzeugt, dass er wiederkommen könnte. Alle anderen in Berlin hielten es für ausgemacht -- und insbesondere im linken SPD-Flügel auch für wünschenswert --, dass die politische Karriere des Hartz-IV-Ministers spätestens mit der vorgezogenen Bundestagswahl enden würde.

Schließlich hatte der umtriebige Minister für den Bundestag erst gar nicht kandidiert und bereits im Sommer mitgeteilt, dass er auf dem Parteitag im November auch nicht mehr bei der Wahl zum stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden antreten werde.

"Ausgemachter Unsinn"

Vergangene Woche tauchten nun Gerüchte auf, Clement wolle doch noch einmal für das Amt kandidieren. Das wies seine Sprecherin als "ausgemachten Unsinn" zurück. Von niemandem zurückgewiesen wird indes, dass die Ambitionen Clements, auch im nächsten Kabinett einen Ministerposten zu übernehmen, zuletzt wieder deutlich größer geworden sind. Und, wichtiger noch: Es mehren sich auch die Signale, dass dies mehr ist als nur eigenes Wunschdenken, sondern Clement der Rolle des Hartz-IV-Buhmanns entschlüpfen könnte.

So sprang er in der Schlussphase des Wahlkampfs ein, als Parteichef Franz Müntefering einen Schwächeanfall erlitten hatte und es galt, den TV-Talk "Berliner Runde" mit den anderen Parteivorsitzenden zu besetzen. Für den Auftritt mit Merkel und Co. musste mindestens ein stellvertretender Parteivorsitzender her.

Davon hat die SPD aber noch drei: Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Und auffällig ist eben auch, dass neben Wieczorek-Zeul nun Clement den Kanzler und Müntefering zum Sondieren begleitet. Dies liegt einerseits daran, dass der Arbeitsmarkt in den Gesprächen ein wichtiges Feld ist. Aber das ist der Haushalt auch -- und Finanzminister Hans Eichel ist nicht mit dabei.

Clement hat häufig gesagt, dass er seinen Job gerne so lange machen würde, "wie es gilt, die Wirtschaft wieder flott zu machen". Ob er das darf, hängt davon ab, wer am Ende Kanzler und Vizekanzler wird; bleibt Schröder in irgendeiner Form in der Regierung, steigen Clements Chancen.

Es hängt aber auch davon ab, welcher Partei im Koalitionspoker welche Zuständigkeiten zufallen. So gibt es bei der Union gleich zwei prominente Kandidaten für Clements Ressorts: Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) würde gerne das Wirtschafts- und Arbeitsministerium jetzigen Zuschnitts übernehmen.

CSU-Chef Edmund Stoiber werden Ambitionen auf ein speziell für ihn zugeschnittenes Wirtschafts- und Infrastruktur-Ministerium nachgesagt. Die Widerstände sind also stark -- doch das hat Clement noch nie geschreckt.

© SZ vom 5.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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