Kampf gegen Schattenwirtschaft:Jede vierte Überprüfung trifft ins Schwarze

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Die Kölner Zentralstelle Schwarzarbeit wird mit Hinweisen auf illegale Beschäftigungsverhältnisse überschwemmt.

Von Gerhard Hennemann

Nahezu jede vierte Überprüfung, die die bundesweit operierende Kölner Zoll-Zentrale zur Bekämpfung der Schwarzarbeit während der letzten Monate in verschiedenen Branchen vorgenommen hat, war ein Treffer.

Das unterstrich Behördenchef Eberhard Haake in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Laut Haake, der die Zentralstelle "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" leitet, ist die Flut der bei den Zollfahndern eingehenden Hinweise in den letzten Monaten "drastisch" angeschwollen.

165.000 Euro pro Fahnder

Bis zum Jahresende rechne er mit rund 100.000 Anzeigen wegen des Verdachts illegaler Beschäftigungsverhältnisse.

Der 52-jährige Jurist führt dies einerseits auf die abschreckende Wirkung der bisher durchgeführten Razzien, andererseits aber auch auf einen allmählichen Bewusstseinswandel der Bürger zurück.

So habe die Diskussion über die notwendigen Reformen in Deutschland breiten Bevölkerungsschichten die Sozialschädlichkeit der Schwarzarbeit deutlich gemacht, deren Ausmaß von Wissenschaftlern auf rund 360 Milliarden Euro geschätzt werde. Seine Behörde sehe ihre Aufgabe aber nicht in erster Linie darin, den Ruf einer effektiv operierenden "Haudrauf-Truppe" zu erwerben.

Mindestens ebenso wichtig sei es, durch eine breit angelegte Aufklärung zur Eindämmung der Schwarzarbeit beizutragen.

Dennoch ist Haake davon überzeugt, dass die Kontrollen vor Ort den wirksamsten Beitrag im Kampf gegen die Schwarzarbeit leisten werden. Solche Einsätze würden den Verfolgungsdruck deutlich erhöhen und das strafrechtliche Risiko, mit Schwarzarbeit aufzufallen, stärker bewusst machen.

Zur Abschreckung reichten oft schon regelmäßige Streifenfahrten mit den grün-weißen Zollwagen, die unübersehbar die Internetadresse "www.zoll-stoppt-schwarzarbeit.de" tragen.

Haake hält es durchaus für möglich, dass zumindest in Verbindung von operativen und präventiven Maßnahmen das von Bundesfinanzminister Hans Eichel gesteckte Ziel erreicht werden kann, bereits den Bundeshaushalt 2004 durch höhere Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen um rund eine Milliarde Euro zu entlasten.

Stundenlohn vier Euro

Für die 5100 Mitarbeiter des Zolls, die derzeit im Kampf gegen die Schwarzarbeit eingesetzt seien, gelte die Vorgabe, pro Kopf durchschnittlich 165000 Euro zu "erwirtschaften".

Deshalb gehe die Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch ähnlich zielorientiert wie die Steuerfahndung vor und konzentriere sich auf die großen Fälle statt auf schwarzarbeitende Putzfrauen oder Gärtner.

Die bisher durchgeführten Zollkontrollen hätten bewiesen, wie notwendig vor allem der verstärkte Kampf gegen die organisierte Form von Schwarzarbeit sei. Im Durchschnitt seien die Fahnder bei fast jeder vierten Kontrolle auf einen Schwarzarbeiter gestoßen.

So bei Großbaustellen in 14 Prozent aller Fälle, im Taxi- und Mietwagengewerbe (15 Prozent), im Reinigungsgewerbe (16 Prozent), in Spielhallen (20 Prozent) und im Hotel- und Gaststättengewerbe sogar 25 Prozent. Die Spannweite der Rechtsnormverletzungen reichten dabei von fehlender Arbeitserlaubnis über Verstöße gegen Mindestlohnregelungen, Scheinselbstständigkeit bis hin zu Leistungsbetrug wegen gleichzeitiger Inanspruchnahme von Sozialleistungen.

Nachdem sich die Fälle, bei denen Ausländer den Fahndern ins Netz gingen, schon bisher auf Ost- und Südosteuropa konzentriert hätten, seien nach der Osterweiterung der EU bisher noch keine auffälligen Veränderungen aufgetreten.

Große Probleme mit Schwarzarbeit gibt es laut Haake bei jenen Werkvertragskontingenten, die bereits vor Jahren im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen mit osteuropäischen Ländern abgeschlossen wurden: "Diese werden in großem Stil missbräuchlich ausgenutzt".

Meist zahlten die ausländischen Arbeitgeber weder im Entsendestaat noch in Deutschland Steuern und Sozialabgaben. Häufig handele es sich dabei um reine Briefkastenfirmen zum Anheuern von Ausländern, die dann in Deutschland für einen "Hungerlohn" von vier Euro arbeiten müssten. Gegen ein derartiges Lohndumping komme kein deutscher Handwerksbetrieb mehr an.

© SZ vom 26.08.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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