Kabelfernsehen:Warmlaufen fürs Monopol

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Ein Kabelkonzern aus München schickt sich an, das Erbe der Telekom zu übernehmen — demnächst auch in Köln.

Von Hans-Jürgen Jakobs

Einmal, vor zwei Jahren, sorgte ein Unternehmer der sonst eher spröden Kabelbetreiber-Kaste in Deutschland für Schlagzeilen: Der Amerikaner John Malone, ein Milliardärs-Cowboy mit Riesenranch, schickte sich an, die TV-Kabelnetze der Deutschen Telekom zu übernehmen — um dann mit den Programmen der großen US-Multis, an denen er selbst beteiligt ist, die Wohnungen der Republik zu beliefern. Der schöne Plan scheiterte am Kartellamt. Seitdem ging es wieder weniger glamourös zu im zersplitterten Kabelmarkt.

Doch längst wird hinter den Kulissen um Deals und eine weitreichende Konsolidierung verhandelt. Wie kommen Kabelfirmen (Vertrieb) und TV-Sender (Programm) zusammen? Welche Kombinationen entstehen - und welche neuen Riesen? Wie schnell entwickelt sich das digitale Fernsehen, das hunderte Kanäle erlaubt, auch auf Abruf gegen Einzelbezahlung? Lohnt sich Internet per Kabel?

Apax, Apollo und Providence

Weil in den USA nunmehr der dort größte Kabelkonzern Comcast die legendäre Walt Disney Company kaufen will, mit all ihren Micky Mäusen und Filmen, ist auch in Deutschland klar geworden, dass die Herren über die Strippen in einer Schlüsselposition sein können.

Die Geschicke lenken hier als Eigentümer derzeit Kapitalgesellschaften mit fantasieanregenden Namen wie Apax, Apollo oder Providence, die nach dem gescheiterten Malone-Deal von der Telekom deren Kabelnetze übernahmen. Doch an wen werden sie weiterverkaufen?

Ein neuer Monopolist macht sich womöglich schon bereit: die in München angesiedelte Kabel Deutschland GmbH. Der Branchenprimus bändelte nicht nur mit der Pay-TV-Firma Premiere an, wie sich nun herausstellt, sondern kam offenbar auch Mitte Januar mit den Investoren der hessischen Kabelfirma Iesy und der baden-württembergischen Kabel BW überein, deren Besitz zu übernehmen.

Zudem wirbt KDG derzeit nach SZ-Informationen exklusiv um den zweitgrößten Branchenvertreter Ish; bei einem Treffen Mitte Januar in New York sollen im Gespräch mit den konkurrierenden Investoren von Blackstone und Apollo die Weichen gestellt worden sein.

Bei Ish ist ein Konsortium aus 36 Banken, die das Kabelunternehmen nach der Pleite des vormaligen Besitzers Callahan übernahmen, offenbar froh, wenn sie in Kürze rund 1,3 Milliarden Euro von KDG erhalten. Die Prüfung der Bücher ist in der Schlussrunde.

Verworrene Lage

Vor allem die Manöver der Apollo-Leute werfen ein Schlaglicht auf die verworrene Lage: Zwar entschlossen sie sich in Baden-Württemberg zum Ausstieg, andererseits aber kauften sie hochverzinsliche Schuldpapiere der Mainzer Kabelfirma Primacom auf, die noch zur Sphäre des US-Kabelkönigs Malone gehört - und stehen dort vor einer Machtübernahme.

Offenbar haben Primacom-Altaktionäre bereits Klagen vorbereitet, weil unter früheren Managern das Kapital im Rekordtempo verschlissen wurde.

Im Aufsichtsrat sitzen etwa der frühere Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling oder der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi. Auf einer Sitzung am Montag soll über eine Rettung durch Apollo entschieden werden.

Wo am Ende die deutschen Kabelfirmen landen, ist ebenso ungewiss wie die Beurteilung durch die EU-Kommission oder das Kartellamt. Privatsender, ARD, ZDF und kleine Kabelfirmen bereiten sich längst auf juristische Widerstandsaktionen vor, wenn die Kabel Deutschland GmbH zu massiv vorgehen sollte.

Lautlos übernahm die KDG offenbar bereits im Saarland eine kleine Kabelfirma von der Saar LB. Freilich geht es hier nur um eine Vormachtstellung bei der vorgelagerten Kabel-Infrastruktur, also den Leitungen, die in der Erde zu den Häusern führt ("Netzebene 3"); bei den Strippen, die dort zu den Wohnungen führen ("Netzebene 4") haben meist andere das Sagen, oft kleine Handwerker-Firmen.

Es ist das Erbe der Kohl-Regierung, die vor mehr als 20 Jahren mit ihren Kabel-Investitionen das Privatfernsehen angeschoben hat. Diese kleinen Kabelfirmen sind einfach so zu akquirieren, sagt Heinz-Peter Labonte, Chef des Fachverbands FHK: "Wer lässt sich schon freiwillig zur Schlachtbank führen?"

© SZ vom 13.02.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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