Juristisches Neuland:Original Berliner Klüngel

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Das Urteil gegen Klaus Landowsky ist auch ein Schuldspruch für das alte politische Geflecht.

Philip Grassmann

Er hat bis zuletzt nichts von Verantwortung, gar von Schuld in der Berliner Bankenaffäre wissen wollen. Für Klaus Landowsky, als CDU-Fraktionschef und Bankvorstand einst wohl der mächtigste Mann der Stadt, war das Verfahren, in dem er und zwölf weitere Manager sich wegen schwerer Untreue verantworten mussten, stets ein politischer Prozess.

Er erwartete deshalb einen Freispruch. Von dieser Chuzpe hat sich das Gericht nicht irritieren lassen. Landowsky ist verurteilt worden - und mit ihm ein System, das jahrzehntelang die Stadt beherrschte und am Ende beinahe in den Ruin trieb.

Juristisches Neuland

In diesem West-Berliner Geflecht kannte jeder jeden, man erwies sich gegenseitig Gefälligkeiten und immer stand jemand bereit, um die Kosten zu tragen. Meistens war es die Allgemeinheit in Gestalt des Steuerzahlers. Dieses politische System ist mit dem Ende der Großen Koalition in Berlin untergegangen. Nun ist es auch juristisch geächtet.

Die Richter haben mit ihrer Entscheidung juristisches Neuland betreten, und deshalb ist es auch ein mutiges, ein richtungsweisendes Urteil. Das Landgericht zieht die Manager für ihr wirtschaftliches Treiben zur Verantwortung und setzt ihren Handlungspielräumen damit Grenzen.

Riskante Käufe

Man darf nicht jedes Risiko eingehen, nur weil es einem gerade so gefällt. Dies gilt umso mehr, wenn für die finanziellen Folgen nicht ein privates Unternehmen, sondern die Allgemeinheit aufkommen muss.

Die Kreditvergabe für den riskanten Kauf von Plattenbauten in Ostdeutschland durch Landowskys BerlinHyp gehört sicherlich nicht zu den schlimmsten Kapiteln in der skandalträchtigen Chronik der Berliner Bankenaffäre. Und doch war es ein wichtiges, weil symbolträchtiges Verfahren: Zum ersten und wohl einzigen Mal saßen jene Manager, die zusammen für einen der größten Bankenskandale der Republik verantwortlich sind, gemeinsam auf der Anklagebank.

Für viele Berliner, die mit Entsetzen feststellen mussten, auf was für anmaßende und leichtfertige Art diese Leute öffentliches Geld in der ohnehin hochverschuldeten Stadt aufs Spiel gesetzt und vergeudet haben, ist das Urteil deshalb eine Genugtuung.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es nicht nur die Berliner CDU, sondern auch die SPD war, die bei der Gründung der unglückseligen Bankgesellschaft in den 90er Jahren Pate gestanden war. Landowsky war zwar eine der maßgeblich handelnden Personen. Aber die SPD hat es fahrlässig versäumt, die entfesselten Banker wirksam zu kontrollieren.

Mit den Folgen der Bankenaffäre wird die Stadt noch lange leben müssen. Bisher ist ein Schaden von zwei Milliarden Euro entstanden, am Ende werden es vielleicht vier, vielleicht aber auch sechs Milliarden sein. Der Verkauf der inzwischen sanierten Bankgesellschaft wird möglicherweise genau diesen Betrag einbringen. Doch in einer hochverschuldeten Stadt wie Berlin ist dieses Nullsummenspiel nur ein schwacher Trost.

© SZ vom 22.03.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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