John Kerry und sein Wirtschaftsteam:Die Vier mit dem Clinton-Touch

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Die Berater des demokratischen Präsidentschaftskandidaten stehen für die Erfolge der neunziger Jahre.

Von Marc Hujer

Im Januar, als mit Senator Joe Lieberman der letzte Erbe von Bill Clintons Wirtschaftspolitik im Vorwahlkampf der Demokraten unterging, sah es schlecht aus für die Wirtschaft.

Selbst John Kerry, der von Beginn an die meisten Stimmen bekam und heute als Präsidentschaftskandidat so gut wie fest steht, äußerte sich ungewohnt wirtschaftskritisch. Je mehr Stimmen er bekam, desto heftiger wetterte er gegen den Einfluss der Bosse, gegen die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland und gegen Freihandelsverträge.

Nichts war mehr geblieben von der Ära Clinton, in der die demokratische Partei mit Wirtschaftskompetenz Wahlen gewann. Statt dessen versuchte auch Kerry sich wirtschaftspolitisch "links von Bill Clinton" zu etablieren. Von den Beratern , die Clinton im Wahlkampf vor zwölf Jahren so erfolgreich begleitet haben, war lange Zeit nichts mehr zu hören.

Jobs, Jobs, Jobs

Nun aber tauchen sie wieder auf. In einem Artikel der New York Times werden sie als die neuen Wirtschaftsberater von John Kerry gefeiert, als die Mannschaft, die im so genannten war room, also abgeschirmt von der Öffentlichkeit die Wirtschaftspolitik des möglichen neuen Präsidenten bestimmt.

Kerry soll nun wieder als Mann mit Wirtschaftskompetenz wahrgenommen werden, und nicht als rückschrittlicher Protektionist, wie seine Gegner ihn inzwischen beschimpfen. "Ein Kerry-Team, ein Clinton-Touch", titelt die Demokraten-freundliche New York Times.

Roger Altman, ehemals Staatssekretär im Finanzministerium unter Bill Clinton, Gene Sperling, früherer Chefökonom Clintons, Jason Furman und Sarah Bianchi, die einstigen Jungstars als Berater im ehemaligen Wirtschaftsteam Clintons, diese vier sollen nun schnell ein "Netz von Beratern" aufbauen, in dem von Gewerkschaftern bis zu Wall-Street-Experten alle beteiligt werden. Und vor allem sollen sie dafür sorgen, dass Kerry ein Profil als Wirtschaftsmann bekommt.

Der endgültige Kurs jedoch steht noch nicht eindeutig fest; die Frage ist, wie treu das Kerry-Team den Prinzipien der Clinton-Ära bleiben kann, den Forderungen nach einem schlankeren Staat, einem ausgeglichenen Staatshaushalt und dem generellen Vertrauen in die Privatwirtschaft.

Rubin im Hintergrund

Grundsätzlich bekennen sich Kerrys Leute zwar zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik Clintons, und Robert Rubin, der ehemalige Finanzminister Clintons und wichtigster Architekt der Clintonomics, wird noch immer konsultiert.

Roger Altman behauptet sogar, das Team stimme sich jeden Tag mit Rubin ab. "Er war der beste Finanzminister seit Alexander Hamilton (dem ersten Finanzminister der Vereinigten Staaten), und er ist der einflussreichste Mann in der Wirtschaft und der Hochfinanz", sagt Altman.

Und doch ist heute nicht mehr alles so wie es in den Neunzigerjahren. "Unterschiedliche Probleme führen zu unterschiedlichen Prioritäten", räumt Sperling ein.

Arbeitsplätze sind heute das wichtigste Thema und entsprechend sieht auch der erste Vorschlag des neuen Kerry-Teams zur Wirtschaftspolitik eine Steuerreform zur Förderung amerikanischer Arbeitsplätze vor.

Sorge vor dem Linksrutsch

Unternehmen, die neue Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten schaffen, sollen danach besser gestellt, Unternehmen, die Jobs ins Ausland verlagern, steuerlich stärker belastet werden.

Kerry stellte das neue Konzept in der vergangenen Woche vor und versprach, wie Bill Clinton in den nächsten vier Jahren zehn Millionen Arbeitsplätze zu schaffen. Er erntete dafür Spott von den Republikanern, aber sein Wirtschaftsteam sieht in dem Vorstoß den ersten vielversprechenden Versuch, Kerrys Wahlkampfrhetorik in ein konkretes Programm umzusetzen, das der Wirtschaft hilft. "Die Botschaft muss sein, dass eine vernünftige Steuerpolitik Arbeitsplätze schafft", sagt Sperling.

Doch auch Kerrys Wirtschaftsberater sorgen sich, dass der Kandidat wirtschaftspolitisch zu weit nach links rutscht. Gefürchtet ist vor allem der Einfluss des linken Senators Ted Kennedy, der wie Kerry aus Massachusetts kommt und im Vorwahlkampf Kerrys eine große Rolle spielte.

In einem Artikel für das Magazin Foreign Policy warnte Gene Sperling den "demokratischen Präsidentschaftskandidaten" davor, zu stark den Argumenten der Linken zu folgen. "Das schlimmste ist", schreibt Sperling, "dass derzeit so gut wie niemand für eine wachstumsorientierte Handelspolitik eintritt".

Sperling stellt in dem Artikel ein Drei-Punkte-Programm vor : "Wie man ein freihandelsfreundlicher Demokrat wird". Er erwarte nicht, dass der Kandidat alles übernehmen werde, schreibt er. "Aber unterschätzen Sie nicht den Optimismus der Amerikaner und ihren Wunsch nach einem politischen Führer, der in die Zukunft blickt".

© SZ vom 02.04.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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