Jack Wolfskin:Lahmer Gipfelstürmer

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Viel im Gepäck: Das Unternehmen drückt eine enorme Schuldenlast, dem Vernehmen nach geht es um 365 Millionen Euro. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die einstige Nummer eins unter den Outdoor-Marken steckt in der Krise. Daran sind Investoren schuld, die der Firma hohe Schulden aufgebürdet haben, aber auch das Management.

Von Uwe Ritzer, München

Walter Walcher aus Eichenau bei München ist seit Jahrzehnten ein begeisterter Alpinist. Bergsteigen, Bergwandern, Skitouren - die ganze Palette. Entsprechend oft sucht er in Sportgeschäften nach der optimalen Bekleidung für seine Outdoor-Hobbys. "Früher kaufte ich immer wieder mal ein Teil von Jack Wolfskin", sagt Walcher. Aber das sei lange her. "Größe, Schnitte, Farbzusammenstellung, Design - das passt alles nicht mehr", sagt er. Und die Funktionalität? "Nichts Besonderes, was andere Marken nicht genauso oder besser haben."

Jack Wolfskin ist schon lange keine Marke mehr für Gipfelstürmer, mögen die Werbespots im Fernsehen auch den Hauch von alpinem Extremsport verbreiten. Dabei war der Sportartikelhersteller aus Idstein im Taunus "viele Jahre die unangefochtene Nummer eins unter den Outdoor-Marken", sagt Jochen Schnell, Vorstand des größten internationalen Fachhändlerverbunds Intersport. "Schon seit Längerem aber erlebt die Marke schwierige Zeiten."

Noch 2013 war Jack Wolfskin vom Verkaufsvolumen her hinter Adidas, Nike und Amer die klare Nummer vier bei den Intersport-Händlern. Seither fiel sie auf Rang sieben zurück und Konkurrent Schöffel ist drauf und dran, die Marke mit der Wolfspfote als Logo zu überholen. Überhaupt tummeln sich in der Outdoor-Sparte besonders viele kleine, aber wendige Hersteller, die schnell in Lücken stoßen, wenn einer schwächelt. The North Face, Meindl, Campagnola, Mammut, Salewa, Orthovox - die Liste ließe sich lange fortsetzen. Der Markt jedoch wächst nach zweistelligen Zuwächsen inzwischen deutlich langsamer.

Die Regenjacken und Wanderschuhe gelten bei vielen als austauschbar

Jack Wolfskin leidet unter schwachen Geschäften mit betulichen und austauschbaren Regenjacken und Wanderschuhen. Zwar stieg der Umsatz im Geschäftsjahr 2015/2016 von 314 auf 351 Millionen Euro, im längerfristigen Vergleich aber stagniert er seit Jahren. Der operative Gewinn lag zuletzt bei 30 Millionen Euro, halb so hoch wie im Jahr zuvor. Stattdessen drückt das Unternehmen eine enorme Schuldenlast, dem Vernehmen nach 365 Millionen Euro.

2011 kaufte der US-Finanzinvestor Blackstone das im Jahr 1981 vom Frankfurter Unternehmer Ulrich Dausien gegründete Unternehmen für 700 Millionen Euro - nach Ansicht von Branchenkennern war das viel zu teuer bezahlt. Wie Private-Equity-Firmen das gerne machen, bürdete Blackstone einen Großteil des Kaufpreises Jack Wolfskin als Schulden auf.

Die Last ist nach wie vor groß, vor allem angesichts schwächelnder Geschäfte und teurer Expansionsabenteuer etwa in China. Bereits 2015 musste Blackstone 75 Millionen Euro in Jack Wolfskin pumpen. Kürzlich riss das Unternehmen in den Kreditverträgen vereinbarte Kennzahlen. Aktuell verhandeln Eigentümer Blackstone und das Management mit den Gläubigern über eine dauerhaft solide Finanzbasis für das Unternehmen. Unter den Gläubigern sind einige Hedgefonds der Kategorie Heuschrecke.

Ein Firmensprecher wollte sich zum Stand der Gespräche nicht äußern. Klar ist, dass die schwierige Lage die Arbeit von Melody Harris-Jensbach noch komplizierter macht. Die südkoreanisch-amerikanische Managerin mit Wohnsitz in Deutschland und reichlich Erfahrung in der Modeindustrie heuerte Ende 2014 als Chefin bei Jack Wolfskin an. Sie kennt sich in der Sportartikelbranche bestens aus; Harris-Jensbach war einst Vize-Chefin im Puma-Vorstand und galt dort als kommende Nummer eins. Dann allerdings wurde sie düpiert, als statt ihr ein unerfahrener Manager aus der zweiten Reihe Puma-Chef wurde. Also verließ Harris-Jensbach 2011 die Firma. Und nahm die Erkenntnis mit, dass die Image-Korrektur einer Sportmarke schwierig ist und lange dauert. So, wie Puma zu lange auf Mode gesetzt und den sportlichen Markenkern vernachlässigt hat, so hat sich Jack Wolfskin mit altbackenen Kollektionen in eine Sackgasse manövriert.

Intersport-Vorstand Jochen Schnell macht bei der Korrektur jedoch Fortschritte aus. Unlängst habe Jack Wolfskin Fachhändlern die Herbst-/Winterkollektion 2017/2018 präsentiert. "Frischer und weniger austauschbar" komme sie daher, sagt er, "entsprechend gut kam sie auch bei unseren Händlern an."

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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