IWF-Chef Strauss-Kahn:"Hunderttausende werden an Hunger sterben"

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Der Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, hat vor den massiven Folgen der weltweit steigenden Preise für Lebensmittel gewarnt.

Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat vor verheerenden Folgen durch die weltweite Explosion der Lebensmittelpreise gewarnt.

"Es ist nicht nur eine humanitäre und wirtschaftliche Frage, sondern auch eine, die die Demokratie betrifft", sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. (Foto: Foto: dpa)

Sollte Nahrung so teuer bleiben wie bisher, "könnte die Bevölkerung einer sehr großen Zahl von Ländern mit furchterregenden Konsequenzen konfrontiert werden", sagte er am Samstag während der gemeinsamen Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington. In diesem Zusammenhang forderte Bundesentwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), den Einsatz von Biotreibstoffen zu überdenken.

"Hunderttausende Menschen werden hungern müssen, Kinder werden an Mangelernährung leiden", sagte Strauss-Kahn. Auf diese Weise könnten die Entwicklungsfortschritte der vergangenen fünf bis zehn Jahre in armen Ländern "vollständig zerstört" werden. Auch die politische Stabilität sei bedroht. "Es ist nicht nur eine humanitäre und wirtschaftliche Frage, sondern auch eine, die die Demokratie betrifft."

In zahlreichen armen Staaten ist es wegen teurer Lebensmittel bereits zu Unruhen, Plünderungen und Gewalt gekommen. In Haiti wurde am Samstag die Regierung von Premierminister Jacques Edouard Alexis wegen der hohen Lebensmittelpreise gestürzt. Der Senat, die zweite Kammer des Parlamentes, entließ das gesamte Kabinett. Kurz zuvor war angekündigt worden, als Maßnahme gegen die Krise werde der Reispreis um gut 15 Prozent gesenkt. Der Preis für einen Sack Reis soll von umgerechnet 31 auf 27 Euro fallen.

Nach Angaben der Weltbank kletterten die Nahrungsmittelpreise in den vergangenen drei Jahren weltweit um 83 Prozent, für Weizen sogar um 181 Prozent. Als wichtigste Auslöser der Preisexplosion gelten neben der verstärken Produktion von Biotreibstoffen als Ersatz für Benzin auch veränderte Ernährungsgewohnheiten in aufstrebenden Staaten wie China, ausgedehnte Dürren etwa in Australien und der hohe Ölpreis.

Wieczorek-Zeul äußerte sich in Washington kritisch zum Thema Biotreibstoffe. "Die Beimischungsziele müssen weltweit auf den Prüfstand", sagte sie. Der rasante Anstieg der Preise für Lebensmittel sei zu 30 bis 70 Prozent auf die zunehmende Produktion von Öko-Sprit zurückzuführen. Die immer teurere Nahrung sei "eine Gefahr für Wachstum, Armutsbekämpfung, Stabilität und den Frieden in der Welt", betonte die deutsche Weltbank-Gouverneurin.

"Es wir dem weltweiten Klima nichts nutzen, wenn in den Industrieländern die Autos mit Agrarkraftstoffen fahren und zugleich am Äquator die tropischen Regenwälder abgeholzt werden", sagte Wieczorek-Zeul. Es sei nicht akzeptabel, dass wegen der hohen Nahrungsmittelpreise die bisherigen Erfolge der Entwicklungshilfe um Jahre zurückgeworfen würden. Die Weltbank müsse ihre Programme in betroffenen Ländern umstellen, um die unmittelbare Not der betroffenen Menschen zu lindern, sagte die Ministerin.

Allerdings seien die Entwicklungsländer selbst auch in der Pflicht, ihre Landwirtschaft stärker auszubauen. Die afrikanischen Länder hätten sich vor einigen Jahren vorgenommen, zehn Prozent ihrer Mittel in den Agrarsektor fließen zu lassen. Das hätten einige inzwischen erreicht, andere jedoch noch nicht, sagte sie.

© dpa/AFP/cag/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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