IT-Branche und die Finanzkrise:Vom Sog erfasst

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Krisenstimmung in der IT-Industrie: Der Branchenverband Bitkom rechnet mit stagnierenden Umsätzen - erst ab 2010 soll es wieder aufwärts gehen.

Thorsten Riedl

Nach den Banken und der Automobilwirtschaft bekommt nun auch die Informations- und Telekommunikationsbranche die Wirtschafts- und Finanzkrise voll ab. "Wir nehmen die zuvor geäußerte Prognose für 2009 zurück", sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer der Süddeutschen Zeitung. Die Zahlen, die der Verband am Donnerstag vorstellt, belegen: Auch die einstige Wachstumsbranche muss sich auf schwierige Zeiten einstellen. Statt wie noch vor kurzem von 1,5 Prozent Umsatzplus geht er jetzt von stagnierenden Geschäften aus.

Harte Zeiten: Auch die IT-Branche wird von der Wirtschaftskrise erfasst. (Foto: Foto: dpa)

Schuld daran seien die Folgen der Finanzkrise. Staatshilfen wie andere Branchen verlangt Scheer allerdings nicht: "Wir fordern keinen Schutzschirm. Wir kommen aus eigener Kraft aus dieser Situation." Eingreifen soll der Bund nach Wünschen des Bitkom trotzdem, indem er lange geplante IT-Investitionen tätigt und Regulierungen für Telefongesellschaften lockert.

Nach dem Platzen der Internetblase zum Jahrtausendwechsel hat der Markt für IT- und Telekommunikation nie mehr zu den Wachstumsraten der späten neunziger Jahre zurückgefunden. Selbst in den relativ guten Jahren 2006 und 2007 lag das Wachstum des Marktes nur bei je rund zwei Prozent. Für 2008 geht der Bitkom von einem Zuwachs für den Gesamtmarkt in Höhe von 1,2 Prozent auf 144,6 Milliarden Euro aus.

In die Statistik fließen neben Umsätzen aus dem Verkauf von Hardware, Software und Telekommunikationsdiensten auch jene mit Geräten der Unterhaltungsindustrie ein. Bei kleineren Verschiebungen in den einzelnen Segmenten soll die Industrie Ende 2009 auf demselben Umsatzniveau liegen. "Wir gehen davon aus, dass die Branche 2010 wieder wachsen wird", sagt Scheer.

Mittelstand schafft Jobs

Mit der revidierten Prognose fällt Deutschland im Ländervergleich zurück: So sollen die Umsätze nur mit IT im kommenden Jahr weltweit um 2,7 Prozent zulegen, berichtet das europäische Marktforschungsinstitut EITO, das mit dem Bitkom kooperiert. Zum Vergleich: Für Deutschland geht der Branchenverband alleine für das IT-Segment nur noch von einem Plus von 1,5 nach zuvor prognostizierten 3,75 Prozent aus. In der Telefonindustrie sieht es noch schlechter aus: Hier rechnet der Bitkom mit einem schrumpfenden Markt. Zwar würde in schlechten Zeiten mehr angerufen und intensiver das Internet genutzt, erklärt Scheer, aber: "Das Mengenwachstum mündet nicht in Umsatzzuwächse."

In "das Wehklagen anderer Branchen", so Scheer, wollen die IT- und Telefonfirmen trotzdem nicht einstimmen. So gebe es Unterstützung für IT- und Telekommunikationsfirmen, die teils nichts koste. Telefongesellschaften beispielsweise sei geholfen, wenn die staatliche Regulierung zurückgenommen werde. Das würde ein investitionsfreundliches Klima schaffen und den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur für geschätzte 40 bis 50 Milliarden Euro in Deutschland anstoßen. Auch die Vergabe von terrestrischen Frequenzen, die durch die Umstellung von analogen auf digitale Sendungen frei werden, biete Chancen für die Industrie, erklärt der Bitkom-Präsident weiter. Derzeit sperren sich die Landesmedienanstalten gegen eine Freigabe. "Da kann die Bundesregierung einwirken."

Trotz Stagnation: Auf die Zahl der Stellen in der Branche soll sich das Nullwachstum nicht auswirken. Nach Prognosen des Bitkom bauen zwar Telefongesellschaften weiter Jobs ab, Neueinstellungen in der IT-Industrie gleichen das aber aus. Die Zahl der Beschäftigten erhöht sich 2009 demnach um 0,4 Prozent auf insgesamt 829.000. Massenentlassungen, wie zuletzt von Hewlett-Packard, Sun oder Sony verkündet, wirken sich nicht negativ aus. "Solche Aussagen kommen von einzelnen Firmen, das Jobwachstum wird vom Mittelstand getragen." Der Verband geht weiterhin noch davon aus, dass es 45.000 unbesetzte Stellen gibt.

© SZ vom 11.12.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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