Irland:Zweikampf um die IWF-Spitze

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Am Wochenende haben sich die Finanzminister der EU getroffen. Auf einen Kandidaten für die IWF-Nachfolge konnten sie sich aber nicht einigen.

Von Alexander Hagelüken

Obwohl Franzosen und Deutsche Jean Lemierre auf den Schild heben wollen, bleibt auch Spaniens Ex-Finanzminister Rodrigo Rato Kandidat. Nun sollen die übrigen IWF-Mitglieder entscheiden.

Die EU-Finanzminister zogen sich am Wochenende auf eine Pferderennbahn außerhalb der irischen Hauptstadt Dublin zurück, um über die Nachfolge Horst Köhlers beim Währungsfonds zu pokern. "Wetten Sie hier!" begrüßte ein Schild die 15 Ressortchefs.

Und ihre Auswahl an Möglichkeiten war ähnlich groß wie die der Pferdefreunde, die hier sonst auf Rassetiere namens "Al Capone" oder "Stop that Nonsense" setzen.

Frankreich bekannte sich erstmals offiziell zu seinem Bewerber Jean Lemierre, dem bisherigen Präsidenten der Osteuropabank.

Lemierre — ein Technokrat

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) unterstützte den Kandidaten, der "als Technokrat" am ehesten der Tradition des Währungsfonds entspreche, der selten Politiker an seiner Spitze gehabt habe.

Belgien und die Niederlande machten sich dagegen für eine politische Lösung stark, den ehemaligen spanischen Finanzminister Rodrigo Rato.

"Wir haben einen exzellenten Kandidaten und einen anderen", sagte der belgische Ressortchef Didier Reynders. Damit ist Rato wieder im Gespräch, nachdem das Wirken der deutsch-französischen Achse seine Chancen zunächst stark zu dezimieren schien.

Frankreich hat zwar bereits drei Mal und insgesamt über dreißig Jahre lang den IWF-Vorsitz besetzt und stellt auch den Präsidenten der Europäischen Zentralbank.

Bundeskanzler Gerhard Schröder beugt sich dennoch den französischen Machtansprüchen, weil er mit Hilfe von Präsident Jacques Chirac einen Vizepräsidenten für Wirtschaftsreformen in der nächsten EU-Kommission installieren will.

Das Patt ihrer beiden Bewerber wollen die Europäer jetzt in Konsultationen mit den übrigen Mitgliedsländern des Währungsfonds auflösen. "Nach dem Echo, das die beiden Kandidaten in der ganzen Welt finden, werden wir entscheiden, wer von den beiden der europäische Kandidat ist", sagte Eichel.

Auch Italien will Bewerber stellen

Das Gerangel um die IWF-Nachfolge ist nach den Beratungen eher noch komplizierter geworden. Die italienische Regierung meldete gleichfalls Interesse an, selbst noch einen Bewerber zu nominieren, aller Wahrscheinlichkeit nach EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti. Die endgültige Entscheidung wollen die Finanzminister beim Jahrestreffen der Osteuropabank in zwei Wochen treffen.

Bei den Beratungen der Finanzminister zeigte sich, dass sich die Haushaltslage der zwölf Eurostaaten zunehmend verschlechtert. "Die Hälfte aller Länder wird dieses Jahr ein Defizit von mehr als drei Prozent erzielen", sagte Eichel.

Strafverfahren laufen bereits gegen Deutschland, Frankreich und Portugal, die die Defizitgrenze zum Teil mehrfach verletzt haben. Gegen die Niederlande könnte die EU-Kommission am Mittwoch ein Strafverfahren einleiten, weil das Land 2003 mit 3,2 Prozent Defizit die Obergrenze des Stabilitätspakts überschritten hat. Wahrscheinlich ist auch eine Frühwarnung gegen Italien, das 2004 nach Einschätzung der Kommission die Drei-Prozent-Grenze verletzen dürfte.

Gespalten waren die Finanzminister über die künftige EU-Finanzierung. Die Hälfte der derzeit 15 Mitgliedsstaaten lehnte den Vorschlag der Brüsseler Kommission ab, die Ausgaben von heute 100 Milliarden auf über 140 Milliarden Euro zum Ende der nächsten Finanzperiode im Jahr 2013 zu erhöhen.

Neben großen Nettozahlern wie Deutschland und Großbritannien ließen auch Dänemark und Italien einen Willen zum Sparen erkennen. Südliche Länder wie Spanien, Portugal und Griechenland unterstützten den Vorschlag der Kommission.

Noch unklar ist die Haltung kleinerer Länder wie Luxemburg, Belgien oder Finnland. Nach der Erweiterung am 1. Mai stoßen zehn weitere Nettoempfänger zur Union, die sich zum großen Teil auch auf die Seite Brüssels schlagen dürften.

Der irische EU-Vorsitz will bis zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende Juni einen Bericht zu der umstrittenen Haushaltsplanung vorlegen.

© SZ vom 05.04.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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