Investoren:Weniger Geld aus China

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Die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen in Europa fiel im vergangenen Jahr deutlich, weil das chinesische Wachstum nachlässt. Deutschland und Großbritannien bleiben trotzdem ein beliebtes Investitionsziel.

Von Elisabeth Dostert, München

Jene, die Argwohn gegen Investoren aus China hegen, wird es freuen: Sie kommen in Europa immer weniger zum Zug, zeigt eine Analyse des Beratungsunternehmens EY. Die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen ging 2018 um rund ein Fünftel auf 196 zurück. Noch deutlicher fiel der Transaktionswert, er hat sich mit gut 31 Milliarden Dollar beinahe halbiert. In Deutschland gab es noch 35 (Vorjahr: 54) Deals im Wert von insgesamt 10,7 (13,7) Milliarden Dollar. Deutschland bleibt mit Großbritannien das mit Abstand beliebteste Investitionsziel in Europa. Auf Deutschland entfällt auch der größte Deal: der Einstieg des chinesischen Autobauers Geely bei Daimler für 8,9 Milliarden Dollar.

Auf Platz zwei in Europa folgt die Übernahme des finnischen Konzerns Amer durch ein Konsortium um die chinesische Sportartikelfirma Anta für 6,3 Milliarden Dollar einschließlich Schulden. Zu den größeren Transaktionen in Deutschland zählt der schrittweise Einstieg von Ningbo Jifeng bei Grammer. Im Abwehrkampf gegen die bosnische Familienfirma Hastor waren die Chinesen dort sehr willkommen. Für gut 270 Millionen Dollar kaufte der Shanghaier Fonds Beautiful Mind Capital die Spezialchemiefirma Cordenka.

EY-Expertin Yi Sun nennt mehrere Gründe für den rückläufigen Transaktionstrend. So wolle die chinesische Regierung übermäßige Kapitalabflüsse verhindern und wünsche eine Konzentration der Investitionen auf Kernbranchen. "Zudem wächst die chinesische Wirtschaft nicht mehr so stark, was - gepaart mit der hohen Verschuldung vieler Unternehmen - eine stärkere Vorsicht gerade bei großen Transaktionen zur Folge hat", sagt Sun. Obendrein würden die Investoren aus China auch in Europa "nicht mehr überall mit offenen Armen empfangen". Und der Transaktionsprozess sei komplizierter geworden. Europäische Verkäufer verlangen Sun zufolge schon am Anfang eines Verkaufsprozesses unter anderem einen Nachweis darüber, ob das Geld auch wirklich reicht.

Auch Deutschland hat seine Außenwirtschaftsverordnung novelliert. Sun erwartet nur "geringe Auswirkungen". Die Mehrzahl der Geschäfte habe in den vergangenen Jahren außerhalb sicherheitsrelevanter Bereiche stattgefunden. Für sie wurde die Schwelle, ab der Berlin den Einstieg eines Investors aus einem Nicht-EU-Land prüfen kann, auf zehn Prozent gesenkt. Und "sensible Bereiche, in denen mit politischen Vorbehalten zu rechnen ist, gab es schon immer", so Sun. Die Investoren aus China wüssten nun, dass die Lage in Branchen wie der Energieinfrastruktur kritisch sei und könnten sich darauf einstellen. "Eine generelle Abkehr der Chinesen vom deutschen Markt ist aber auf keinen Fall zu erwarten".

© SZ vom 06.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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