Investieren im Ausland:Anleger denken wenig global

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Längst kaufen die Deutschen Äpfel aus Neuseeland, Steaks aus Argentinien oder Fernseher aus Japan - bei der Kapitalanlage jedoch ist von Globalisierung keine Spur. Dabei bieten internationale Fonds viele Vorteile.

Von Martin Hesse

"Die überwältigende Mehrheit der Bürger investiert ihr Human- und Finanzkapital fast ausschließlich in Deutschland", sagt Philipp Vorndran, Chefstratege bei Credit Suisse Asset Management.

Wenn sie ihr Portfolio zusammenstellen, sollten Anleger Investment-Möglichkeiten überall auf dem Globus in Betracht ziehen. (Foto: Foto: dpa)

"Sie arbeiten in Deutschland, kaufen deutsche Immobilien und investieren vorwiegend in deutsche Aktien und Anleihen." Nach Angaben der Bundesbank lagen in den Aktiendepots deutscher Anleger Ende 2003 zu rund 80 Prozent deutsche Papiere. Anlageexperten beschreiben das Phänomen als home bias, also Heimatneigung.

Angelegtes Geld möglichst breit streuen

Das aber bedeutet: Als Arbeitnehmer und Anleger sind die Bürger fast vollständig von der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland abhängig.

Weitaus leichter, als Job und Wohnsitz ins Ausland zu verlagern, ist es, zumindest einen Teil des Geldes in anderen Regionen der Welt arbeiten zu lassen.

"Die Portfoliotheorie lehrt, dass es sinnvoll ist, das angelegte Geld möglichst breit zu streuen - auch international", erläutert Günther Gerstenberger, Berater des global anlegenden Aktienfonds PEH Universal-Value Strategie.

Eng an der Messlatte

Vorndran führt für die Abkehr vom Heimatmarkt ein weiteres Argument ins Feld: "Kontinentaleuropa ist der Wirtschaftsraum, der voraussichtlich in den kommenden zehn Jahren das geringste Wachstum erzielen wird." Schon allein deshalb müsse man verstärkt etwa in Asien und andere aufstrebende Märkten (Emerging Markets) investieren.

"Allerdings legen die meisten global ausgerichteten Aktienfonds vorwiegend in den entwickelten Märkten an, vor allem in den USA, Euroland und Japan", sagt Delphine Gebauer, Fondsanalystin bei der Beratungs- und Analysefirma Feri Trust. Vor allem die großen Fonds orientierten sich meist eng am MSCI World Index, in dem beispielsweise US-Aktien ein Gewicht von mehr als 50 Prozent haben.

Das ist ein Grund, weshalb in der Liste der globalen Aktienfonds, die in den vergangenen drei Jahren am besten abschnitten, viele Produkte kleinerer, unabhängiger Anbieter zu finden sind.

"Sie sind flexibler und häufig eher bereit, von der Messlatte MSCI abzurücken", sagt Björn Drescher, Geschäftsführer des Fondsanalysehauses Drescher & Cie. Der PEH Universal-Value-Fonds zum Beispiel investiert nur etwa 30 Prozent in den USA.

Aktive oder passive Strategie

Zuletzt gab es für die gute Entwicklung von Produkten wie dem Astra-Fonds FI oder den Albrech & Cie Optisel noch eine andere Erklärung: "Die Vermögensverwalter-Fonds haben oft einen stärkeren home bias", sagt die Analystin Gebauer. Weil sie nicht über ein weltweites Netz verfügen wie DWS, Dit und andere Branchengrößen, konzentrieren sie sich stärker auf Deutschland.

Ausgerechnet damit hatten sie in den vergangenen Jahren größeren Erfolg als viele Fonds, die schlicht den MSCI Weltindex abbildeten. Ein home bias muss also nicht immer ein Nachteil sein.

"Anleger müssen sich grundsätzlich fragen, ob ihnen ein aktives Fondsmanagement lieber ist oder eine passive Strategie", meint Fondsexperte Drescher.

Umgang mit Währungsschwankungen entscheidend

Wer sich für einen passiven Ansatz entscheide, sei mit Indexfonds oder Indexzertifikaten auf den MSCI Weltindex gut beraten. Er halte jedoch einen aktiven Ansatz bei globalen Fonds für vielversprechender. Auf fallende Kurse könnten diese reagieren, indem sie den Kassenbestand erhöhten.

Zudem könnten sie stärker in Emerging Markets investieren. "Es ist jedoch auch sinnvoll, einen MSCI-nahen Fonds als Basis zu nehmen und Emerging-Markets-Fonds beizumischen", erklärt Drescher.

Fragen müssen sich Anleger auch, wie sie mit Währungsschwankungen umgehen wollen. "Wählt ein Investor aus Euroland einen Fonds, der Währungsrisiken zu 100 Prozent absichert, riskiert er, dass ihm Währungsgewinne entgehen", erklärt Gebauer. Andererseits ist dann ausgeschlossen aus, dass Währungsverluste die Kursgewinne auffressen.

2005 rechnet PEH-Manager Gerstenberger mit einer positiven Konjunkturentwicklung und moderatem Zinsanstieg. "In solch einem Umfeld haben sich Aktien in der Vergangenheit als beste Anlageklasse erwiesen."

Dagegen erwartet Drescher in diesem Jahr am Aktienmarkt keine großen Sprünge. Allerdings dürften seiner Einschätzung nach gerade aktiv gemanagte globale Aktienfonds trotzdem eine zufrieden stellende Rendite erwirtschaften. Außerdem sei für diese Fonds ein Anlagehorizont von fünf Jahren und mehr empfehlenswert.

© SZ vom 15.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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