Intrigen im TV-Konzern:Sat1-Chef Hoffmann muss gehen

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Nach den Querelen im Sommer schien alles wieder in schönster Ordnung zu sein. Doch dem war nicht so.

chk, jja., o.k.

Mit dem Erfolg des Zweiteilers Das Wunder von Lengede im Rücken (im Schnitt mehr als neun Millionen Zuschauer) und angesichts steigender Marktanteile, zog Sat 1-Geschäftsführer Martin Hoffmann, 44, zuletzt eine positive Bilanz.

Vorüber schienen die Querelen mit Urs Rohner zu sein, dem Chef des Mutterkonzerns ProSiebenSat1Media AG. Immerhin war die Ablösung von Hoffmann bereits im Sommer fast beschlossen gewesen.

Wieder "powered by emotion"

Vergangene Woche sagte Hoffmann, ein Jurist mit der Unruhe des Künstlers, dass ihn mit Rohner "die Verabredung zum Erfolg" verbinde: "Daran glauben wir."

Am Donnerstag, nur acht Tage später, glaubte Rohner nicht mehr und schasste den Chef seines größten Senders. Sat1 war wieder "powered by emotion", wie der Firmenslogan heißt - schon immer war hier die Action hinter der Kamera mindestens so gut wie später die Show.

Bei Sat 1 löst Hoffmanns Raufwurf Entsetzen aus. "Das bestürzt mich schon", sagt Fußball-Kommentator Jörg Wontorra. Schließlich sei es Hoffmann gelungen, ein erfolgreiches Programm zu machen und die Quoten zu steigern.

Doch es half nichts. Nachfolger wird Rohners Schweizer Landsmann Roger Schawinski, 58, der in der Alpenrepublik Radio- und TV-Sender gegründet hat. Schon lange hatte sich Ober-Stratege Rohner, 44, für die eidgenössische Lösung interessiert. Nur der Zeitpunkt, diese durchzusetzen, überrascht.

Der munter experimentierende Hoffmann hatte zuletzt beste Zahlen vorzuweisen. Doch mit ihm war Rohner von Anfang an wenig verbunden. Der Statthalter im fernen Berlin wurde wohl in der Münchner Zentrale oft als Renegat betrachtet, als Erinnerung an alte Zeiten, als die TV-Sender noch Leo Kirch gehörten und ein ausgeprägtes Eigenleben führten.

Nun aber sollte ja eine starke Senderfamilie entstehen, in der sich Sat1, Pro Sieben, Kabel 1 und N 24 trefflich ergänzen. Hoffmann sah sich ständigen Attacken auf Führungsstil, Programmierung und Planung ausgesetzt. Bei den wöchentlichen Treffen soll Rohner selbstbewusst aufgetreten sein und Hoffmann regelmäßig erklärt haben, wie ein attraktiveres Angebot für das TV-Publikum und den Werbekunden entwickeln werden müsse.

Jedenfalls setzte er beispielsweise im August 2001 auf Wunsch Kirchs durch, dass die Sat1-Fußballshow ran samstags erst um 20.15 Uhr von den Spielen der Bundesliga berichtete. Hoffmann war fassungslos. Vier Wochen später korrigierte Rohner die Entscheidung.

Es sind die Tage des großen Reinemachens in der Pro-Sieben-Gruppe, wo seit einigen Wochen der US-Investor Haim Saban zusammen mit Kapitalgessellschaften am Regiepult sitzt. Zeitgleich mit Rohners Abgang wurde der Abgang von Vorstandsmitglied Claus Larass verkündet, der für die Sparte Information zuständig war und den Nachrichtensender N24 leitete.

Carte blanche für Rohner

Der frühere Bild-Chefredakteur war von Kirch zum Fernsehen geholt worden. Dort galt der umgängliche, belesene Journalist als verlässlich - und war Rohner offenbar nicht dynamisch genug. Vor Vertrauten offenbarte der Vorstandschef, es sei seine Idee gewesen, mit einem Schwung billig eingekaufter Dokumentationen N24 populärer zu machen.

Dort übernimmt jetzt sein bisheriger Sprecher Torsten Rossmann die Geschäftsführung. Erst kürzlich war in Rohners Konzern der TV-Vorstand Ludwig Bauer zum Ausgang gebeten worden, ein Förderer Hoffmanns. Das Durcheinander wird von der Pro-Sieben-Gruppe als "wichtiger Schritt" begrüßt, "um die Effizienz unserer Organisation weiter zu erhöhen und optimal an die Erfordernisse des Wettbewerbs anzupassen".

Dabei hat Rohner, allen Gerüchten über eine drohende Entmachtung zum Trotz, offenbar noch mal eine carte blanche. Der einstige Wirtschaftsanwalt war einige Jahre in Manhattan tätig und kennt aus dieser Zeit viele Investmentbanker. Das hilft ihm jetzt.

Im Vorstand gilt der Belgier Guillaume de Posch, der Chief Operating Officer, als Sabans Vertrauter. Er überbrachte am Donnerstag bei Sat1 in Berlin die schlechte Botschaft. "Es ist vorbei", soll Hoffmann gesagt haben - um dann den Schreibtisch aufzuräumen.

Schon am heutigen Freitag nimmt Nachfolger Schawinski dort Platz und wird gewiss ein schönes "Gruezi!" hören.

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