Insider-Vorwurf gegen Daimler:Die Argumente der Verteidiger

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Verfahrensfehler, Unwissenheit, Ratlosigkeit: Wie die Anwälte der Verdächtigen die Vorwürfe rechtswidrigen Verhaltens auszuräumen versuchen.

Was hat es nicht schon an hässlichen Streitereien gegeben zwischen Deutschen und Franzosen im gemeinsamen EADS-Konzern. Wie überall schließen sich allerdings auch hier die Reihen, wenn ein gemeinsamer Feind auftaucht. Als solcher ist nun die Pariser Börsenaufsicht AMF ausgemacht worden, die den Managern und Großaktionären vorwirft, vertrauliche Informationen missbraucht zu haben. Die Verdächtigen reagieren auf die Vorwürfe mit einer Mischung aus Empörung und Spott. Dass hohe Daimler-Vertreter im Januar vor dem Berichterstatter der AMF aussagen mussten, kommentiert der Stuttgarter Konzern kühl: "Daimler begrüßt die Gelegenheit, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen." Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage, Daimler sei fest überzeugt, weder zum Zeitpunkt der Vorstandsentscheidung über die Veräußerung des 7,5-prozentigen Anteils noch bei Abschluss der Verträge über Insiderinformationen verfügt zu haben.

Airbus A 380: Drohende Katastrophe bei der Verkabelung (Foto: Foto: AP)

Die Anwälte reichen zurzeit schriftliche Stellungnahmen ein und versuchen, die Vorwürfe zu widerlegen. Sie stellen schon den Kontext der Ermittlungen in Frage. Denn in den Jahren 2005 und 2006 hätten nicht nur die von der AMF belasteten beiden Großaktionäre und 17Spitzen-Manager Aktien verkauft, sondern insgesamt 1100 Führungskräfte und Angestellte - und die hätten gewiss nichts von den womöglich trüberen Geschäftsaussichten gewusst.

Die Verteidiger bringen drei Argumente vor. Erstens: Die Ergebnis-Prognosen der Geschäftsführung auf der einen und der Börsenanalysten auf der anderen Seite lagen nicht so weit auseinander, wie von der AMF behauptet. Zweitens: Die hitzige Debatte über den Airbus A350 im EADS-Aufsichtsrat am 7. März 2006 habe zwar zu höheren Entwicklungskosten geführt, doch sei damit auch die Prognose für spätere Gewinnmargen gestiegen, weshalb das Projekt in dieser Zeit eine positive Wende genommen habe.

Bleibt der Vorwurf, der nicht gegen Daimler, wohl aber gegen mehrere Manager erhoben wird, unter anderem gegen den deutschen EADS-Mann Andreas Sperl, der im Frühjahr 2006 einige seiner Aktien zu Geld machte. Tatsächlich bahnte sich in dieser Zeit zwischen Toulouse und Hamburg eine Katastrophe bei der Verkabelung des neuen Konzern-Flaggschiffs A380 an. Über das Ausmaß der Lieferverzögerungen informierte EADS am 13. Juni 2006 in einer Pressemitteilung - sie klang so, als sei der Konzern ratlos, wie er sich aus den Kalamitäten befreien könnte. Daraufhin stürzte der Börsenkurs ab, was später auch die Ermittlungen der AMF auslöste. Die Verdächtigen argumentieren, dass sie - wie das gesamte hohe Management - selbst im Frühsommer noch nicht absehen konnten, wie chaotisch die Lage war. Noch im Februar hätten die internen Produktionspläne deutlich besser ausgesehen als das, was der Konzern im Juni eingestehen musste. "In der Hitparade der Falschheit steht die A380-Geschichte an erster Stelle", sagt deswegen ein Anwalt.

Die Verdächtigen rügen auch mehrere Verfahrensfehler der französischen Börsenaufsicht. Vorläufige Ermittlungsergebnisse seien an die Presse durchgesickert und der Staatsanwaltschaft übergeben worden, was die Unschuldsvermutung verletze. Sperl hat unter anderem deswegen beim Pariser Berufungsgericht beantragt, das ganze Verfahren für nichtig zu erklären. Andere beklagen, die Börsen-Ermittler hätten entlastende Beweisstücke unterschlagen.

© SZ vom 13.06.2009/cmat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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