In der Höhle des Löwen:Deutsche Autohersteller tun sich in Japan schwer

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Mehr als Fahreigenschaften zählen in der von vielen Staus geplagten Nation Radio und Navigationssystem.

Von Karl-Heinz Büschemann

(SZ vom 23.10.2003) — Bernd Pischetsrieder musste sich in immer neuen Posen vor dem schwarzen Golf aufstellen. Die Fotografen stürzten sich begeistert auf den Chef des Volkswagen-Konzerns. Aufgeregt fragende Journalisten verfolgen ihn über den Messestand. Pischetsrieder wirkt auf der Autoschau von Tokio wie ein Medienstar.

Wenn die Mikrophone abgestellt sind, gibt er sich nachdenklich. Er würde gerne mehr Autos auf dem wichtigsten asiatischen Markt verkaufen, aber das Geschäft läuft ziemlich zäh.

Rund 60.000 Autos verkauft VW in diesem Land mit seinem 120 Millionen Autos großen Markt. Aber japanische Käufer, die pro Jahr über vier Millionen Autos kaufen, entscheiden sich zu weit über 90 Prozent für Marken aus dem eigenen Land. In China verkauft VW inzwischen zehnmal soviel Autos wie in der wichtigsten Industrienation Asiens. "Japan, das ist die Höhle des Löwen."

Auf dieser Messe, die mit drei kleinen Hallen auskommt und viel bescheidener ist als die Mega-Schau, die alle zwei Jahre in Frankfurt stattfindet, versuchen die deutschen Automanager nicht, sich mit tollen Absatzprognosen gegenseitig zu überbieten, so wie sie es für China tun.

In Japan backen sie eher kleine Brötchen. Für deutsche Anbieter, die im Ausland an hohe Verkaufszahlen gewöhnt sind, ist Japan das Land der großen Hoffnungen, aber der allenfalls kleinen Chancen.

Trends erkennen

Ein Vertreter von Opel klagt ganz offen. Die deutsche Marke, die zum amerikanischen General-Motors-Konzern gehört, kann in Japan allenfalls ein paar Hundert Fahrzeuge pro Monat absetzen. "Wir haben alles versucht". Aber dieser Markt sei "eine harte Nuss".

Auch Ralph Weyler, der neue Verkaufschef von Audi, gibt sich zurückhaltend. Rund 13000 Autos hat die Ingolstädter Marke im vergangenen Jahr in Japan abgesetzt. Man sei auf diese Messe gekommen, um die Nase in den Markt zu stecken und herauszufinden, was Japan braucht. "Man muss die Trends erkennen."

Für die Deutschen ist es eine interessante Erfahrung, dass es bei Autos für den überfüllten japanischen Markt eher auf ihre "Staufähigkeiten" ankommt als auf die Fahreigenschaften. Wer - wie die Japaner - viel im Verkehr stecken bleibt, stellt andere Anforderungen an Radio oder Navigationssysteme. Immerhin will Audi in den kommenden drei bis vier Jahren auf 23000 verkaufte Autos kommen.

Dazu stehen superteure Achtzylinder der Typen A 8 oder RS 6 auf dem Stand, der die solvente Klientel Japans ansprechen sollen. Ein Ziel hat Weyler: "Wir sollen den Abstand zu BMW verkleinern."

Der Münchner Konzern versucht als einziger in Tokio die große Prognose. "Wir wollen unseren Absatz in Asien in den nächsten fünf Jahren auf 150000 Autos ungefähr verdoppeln", erklärte der Vorstandsvorsitzende Helmut Panke. Asien sei "die vierte starke Säule des BMW-Geschäfts neben Deutschland, Westeuropa und Nordamerika".

Wie das gelingen soll? "Durch die Erhöhung unseres Absatzes in Japan". Pankes Erfolgsweg könnte steinig werden. BMW verkauft in Japan rund 36000 Autos pro Jahr, macht damit aber auf diesem Markt kaum Fortschritte.

Nicht zufrieden

In den vergangen zehn Jahren wuchs das Geschäft nur um 4000 Autos. "Wir sind nicht zufrieden", sagt der BMW-Vertriebschef Michael Ganal. Es müsse im Vertrieb noch wesentliche Verbesserungen geben. "Wir müssen in eine andere Dimension kommen." Vor allem gilt es, den wichtigsten heimischen Konkurrenten einzuholen. "Wir wollen Mercedes schlagen".

Allerdings legen auch die Stuttgarter die Latte höher. Jürgen Hubbert, Mercedes-Chef, sagt in Tokio: "Irgendwann will ich auf diesem Markt einen Anteil von eins bis 1,5 Prozent haben."

Bislang liegen die Stuttgarter bei nur 0,8 Prozent. "Wir fühlen uns gut auf diesem Markt", sagt er, obwohl auch die Stuttgarter sich trotz ihrer Beteiligung Mitsubishi schwer tun. Im vergangenen Jahr sank der Absatz um zehn Prozent auf 48000 Fahrzeuge. In diesem Jahr wird es für nicht viel mehr als 40000 Autos reichen. Die Dauerkrise der japanischen Wirtschaft hält er für kein Hindernis auf dem Weg zu besseren Geschäften.

Völlig zufrieden gibt sich in Tokio nur der Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Gut gelaunt schlendert er durch die Halle zu seinem Stand. "Der japanische Markt erholt sich gut", sagt er über das Land, das seit 13 Jahren von Bankenkrise und Flaute gezeichnet ist.

"Wir machen richtig guten Umsatz". Porsche verkauft in diesem Jahr etwa 2500 Fahrzeuge. Das Geschäft sei sogar noch ausbaufähig. "Mittelfristig", sagt Wiedeking, will er 4000 Autos absetzen.

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