Im Profil: Paul Martin:Kanadischer Premier mit Management-Erfahrung

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Noch kurz vor seinem Amtsantritt fing der neue kanadische Premierminister Paul Martin das Kompliment eines Rockstars ein. Bono, Sänger der berühmten Rockgruppe U2, erklärte, Martin sei "ganz schön cool".

Von Bernadette Calonego

Der Grund: Der 65 Jahre alte Politiker hatte künftig mehr Finanzhilfe für die Notleidenden in Afrika versprochen. Der global engagierte Rockstar zeigte sich beeindruckt.

Für die Kanadier allerdings sind solche Versprechen ungewohnt: Sie kennen Paul Martin bislang als unerbittlichen, aber erfolgreichen Finanzminister der liberalen Regierung. In wenigen Jahren baute er ein Staatsdefizit von umgerechnet 27 Milliarden Euro ab. Jetzt, da der gläubige Katholik mit irischen Vorfahren die Nachfolge von Premierminister Jean Chrétien antritt, fragen sich viele: Wer ist Paul Martin wirklich?

Reicher Mann

Vor seinem Eintritt in die Politik im Jahre 1988 hatte er als Geschäftsmann Karriere gemacht und war dabei zum mehrfachen Millionär geworden. Beim kanadischen Konzern Power Corp. fungierte er als Vizepräsident und knüpfte dort Kontakte zu den mächtigsten Managern des Landes. Als der Konzern 1981 ein großes Schiffsunternehmen loswerden wollte, erwarb Martin die Firma und sanierte sie.

Insgesamt 22 Jahre lang war er ein stahlharter Manager. Doch er nimmt für sich in Anspruch, auch eine soziale Ader zu besitzen. Und womöglich steckt ihm das in den Genen: Den größten Einfluss auf das Leben des neuen Regierungschefs hatte nämlich sein Vater, Paul Martin Senior, der 23 Jahre lang Minister in drei Regierungen gewesen war. Ihm haben die Kanadier wichtige soziale Reformen zu verdanken.

Zunächst vergeblicher Kampf

Der Senior hatte zu Lebzeiten mehrere Male vergeblich um das Amt des Parteichefs der Liberalen gekämpft. Sein Sohn erreichte dieses Ziel im November 2003. Vater und Sohn teilen nicht nur den Namen: Beide haben auch zuerst Philosophie studiert, sind dann aber Juristen geworden. Sie standen sich sehr nahe und demonstrierten ihre herzliche Beziehung auch öffentlich. Verbunden haben mag sie auch eine schwere Krankheit, die Paul Martin als Achtjähriger überlebte.

Das politische Engagement seines Sohnes in der Jugend war allerdings nicht immer zum Wohlgefallen des Vaters - so zum Beispiel, als er einmal Steine gegen die sowjetische Botschaft in Ottawa schleuderte. Nach dem Studium wollte er sich zunächst in internationalen Hilfsorganisationen für die Dritte Welt einsetzen.

Ende mit Schrecken

Doch ein väterlicher Freund riet ihm zum Einstieg in die Privatwirtschaft, von der Martin viel später nur ungern Abschied nahm. Erst im August 2003, als er Premierminister werden wollte, übergab er die Firma an seine drei Söhne.

Martins Ära als Finanzminister von 1993 bis 2002 hatte mit einem Eklat geendet: Der impulsive Minister zerstritt sich mit Chrétien und schied aus der Regierung aus. Jetzt will Paul Martin sein Land fundamental verändern und sich um ein besseres Verhältnis zu den USA bemühen. Die Kanadier aber wissen noch nicht, wer sie regieren wird: der soziale Reformer oder der konservative Geschäftsmann.

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