Im Profil:Margot Wallström - EU-Umweltkommissarin

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Diese blonde Frau ist für manchen in Europa ein rotes Tuch. Für den Bundeskanzler zum Beispiel. Der nennt Margot Wallström auch schon mal abfällig "eine Umweltkommissarin, die aus Schweden kommt" und leider nicht zu den Leuten gehöre, die noch "etwas mit Industrieproduktion am Hut haben".

Von Cornelia Bolesch

(SZ vom 30.03.03) - Was Gerhard Schröder und mit ihm auch viele europäische Industriebosse an der 48-Jährigen stört: Margot Wallström hat in Brüssel am Mittwoch den Entwurf für ein neues Chemikalienrecht auf den Weg gebracht. Das treibt die Unternehmensverbände auf die Barrikaden, weil angeblich eine Kostenlawine droht und bürokratische Überregulierung.

Auf ihre Art pragmatisch: Margot Wallström (Foto: Foto: dpa)

"Was ist das Problem?", fragt Margot Wallström auf ihre pragmatische Art zurück. Alle 30000 chemischen Substanzen, die sich seit Jahrzehnten in unserem Alltag angereichert haben, sollen erstmals umfassend registriert, getestet und notfalls einzeln aussortiert werden.

"Eine moderne Gesellschaft braucht Chemikalien, aber die sollen nicht dort auftauchen, wo sie nicht hingehören" - zum Beispiel in der Muttermilch, so lautet das Credo der Schwedin.

Alarmierender Befund

Wenn die Industrie um ihre "Wettbewerbsfähigkeit" fürchtet, setzt sie dagegen den alarmierenden Befund, dass europaweit die Zahl der Allergien, Krebserkrankungen und Hormonstörungen ansteige. "Das betrifft jeden", sagt sie.

Zwei Jahre lang hat Margot Wallström mit ihrem Kollegen Erkki Liikanen, dem Industriekommissar aus Finnland, in der Kommission um den Chemie-Entwurf gerauft. "Margot hat die Umweltidee vertreten, ich musste mich um die Kosten kümmern", so kommentiert Liikanen die Arbeitsteilung.

Wallström selbst hat zu Beginn ihrer Amtszeit im Europaparlament erklärt, so wie Herkules die Ställe des sagenhaften Königs Augias, so wolle sie die Lager und Labors der Chemie-Industrie "ausmisten". Das war starker Tobak von einer zierlichen Person, die bei allem Einsatz für die Umwelt nie schrill auftritt, sondern immer wie die Verkörperung des gesunden Menschenverstands wirkt.

"Weichgespült"

Diese Haltung hat sie auch auf Distanz zu den Umweltverbänden gebracht. Denen geht der Chemie-Entwurf nicht weit genug. Sie halten ihn für "weichgespült".

Tatsächlich sieht sich Margot Wallström nicht als Feindin, sondern als Verbündete der Unternehmen. Auch die Industrie müsse doch daran interessiert sein, "dass die Menschen den Chemikalien, die sie gebrauchen, vertrauen".

So spricht keine Fachfrau, sondern die "tüchtige und erfahrene Allroundpolitikerin", die Schwedens Premier Göran Persson ankündigte, als er seine langjährige Ministerin für Kultur, fürVerbraucherschutz und für Soziales 1999 mit ihrem Ehemann und zwei Kindern nach Brüssel verabschiedete.

Im Europaparlament und vor dem Ministerrat will Margot Wallström jetzt weiter für die Umsetzung ihres Chemie-Konzepts kämpfen - auch mit ganz praktischen Mitteln, die sie am besten beherrscht. Gerade hat sie in einem britischen Labor ihr Blut testen lassen. Bald wird sie mitteilen, welcher Chemie-Cocktail auch im Körper einer Umweltkommissarin schlummert.

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