Ikeas Probleme in Moskau:Wartest du noch oder schmierst du schon?

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Eine russische Behörde untersagt die Neueröffnung eines Einkaufzentrums - angeblich, weil die Schweden kein Schmiergeld zahlen.

Von Daniel Brössler

Die schwedische Möbelkette Ikea wirbt in ihren russischen Katalogen mit dem Slogan: "Das ist kein Traum."

Parkplatz des Ikea-Möbelhauses in Chimki, im Nordwesten Moskaus. (Foto: Foto: dpa)

In der Tat gleicht das, was das Unternehmen dieser Tage in Moskau erlebt, eher einem Alptraum. In großformatigen Anzeigen hatte das Einrichtungshaus eine große Party versprochen.

"Eisballett, Musiker und Clowns" sollten die Kunden in die älteste russische Ikea-Filiale in Chimki bei Moskau locken. Die Eröffnung einer neuen "Mega"-Einkaufsmeile mit mehr als 220 Geschäften rund um das Möbelhaus sollte gefeiert werden.

Doch die Party platzte, weil die Behörden der Region Moskau kurzfristig die Eröffnung untersagten. Die schon eingeladenen Ehrengäste versammelten die Schweden daraufhin zu einer eher traurigen Feier im Ikea-Restaurant.

Angebliches Zitat

Am Dienstag brachte die russische Zeitung Iswestija dann auch noch eine Schlagzeile mit einem angeblichen Zitat des Chefs von Ikea in Russland, Lennart Dahlgren: "Ich fürchte um mein Leben", soll der Schwede gesagt haben. Dabei war Ikea seit der Eröffnung seines ersten Möbelhauses im Jahr 2000 zu einer Art Symbol geworden für den Erfolg ausländischer Ketten, für westliches Geschäftsgebaren und selbst für einen neuen Lebensstil in Russland.

Vier Häuser betreibt der Konzern mittlerweile in Russland, in fünf bis sechs Jahren sollen es 20 sein. Besonders ambitioniert ist das Konzept der Mega-Einkaufszentren, in denen kaufkräftige Russen alles von Möbeln über Schuhe bis hin zu Feinkost bekommen können.

Große Gefahr in letzter Minute

In einer Moskauer Ikea-Filiale wird das bereits praktiziert, nun sollte die zweite "Mega-Mall" in Chimki folgen. In letzter Minute aber entdeckten die Behörden der Region Moskau eine große Gefahr und verboten die Eröffnung: Die Zufahrtswege zur neuen Einkaufsmeile führten über eine unterirdische Gasleitung, argumentieren sie.

Darüber muss Marktleiter Anders Gyhlenius lachen. "Plötzlich soll das eine Gefahr sein", sagt er. Seit vier Jahren werde der Ikea-Markt von Millionen Kunden besucht, auf einmal alarmiere nun die Behörden eine angebliche Gasgefahr.

"Opfer unserer europäischen Standards"

Ikea macht kaum einen Hehl daraus, was es wirklich hinter den neuen Hindernissen vermutet: "Bis zu einem gewissen Grad sind wir Opfer unserer europäischen Standards im Umgang mit den Behörden", beklagt Ikea-Chef Dahlgren.

Die Schweden halten sich viel darauf zu Gute, auch in Russland kein Schmiergeld zu zahlen. Firmen wie Ikea müssten in Russland einen großen Spagat aushalten, erläutert Jelena Panfilowa, die Generaldirektorin von Transparency International in Moskau, denn in der Praxis laufe ohne Bestechung fast nichts.

Preise sind bekannt

"Die Preisliste ist bekannt", sagt sie. Einige große westliche Konzerne würden sich darauf einrichten, andere - wie Ikea - seien an strikte ethische Normen gebunden.

Um nicht interne Regeln zu brechen, werde statt in Schmiergeld in "sozial verantwortliche Projekte" etwa für Kinderheime investiert. "Das hilft den Firmen, in diesem Markt zu überleben", räumt sie ein.

Stützung für lokale Machthaber

Auch diese Methode sei aber ethisch fragwürdig, denn die Unternehmen seien in der Auswahl der Projekte nicht frei. Zudem diene das Verfahren dazu, lokale Machthaber zu stützen.

Die Iswestija-Schlagzeile über Dahlgrens Todesangst sei überspitzt, heißt es nun bei Ikea. Doch auch das korrekte Zitat gibt Aufschluss: "Selbst wenn wir um Schmiergelder gebeten würden, würde ich Ihnen das nie sagen. Ich möchte gerne noch einige Jahre leben."

© SZ vom 15.12.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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