Ifo-Index:Katastrophale Stimmung

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Bei rund 9000 Unternehmenslenkern fragt das Münchener Ifo-Institut allmonatlich nach der Stimmung – vermutlich auch bei Volkswagen. (Foto: Ole Spata/dpa)

Die Laune in den Chefetagen stürzt auf ein Rekordtief.

Von Victor Gojdka, Frankfurt

Normalerweise dürften sich viele Arbeitnehmer wohl nur aus emotionalen Gründen für die Gemütslage ihrer bisweilen launischen Chefs interessieren. Doch dieser Tage sagt die Stimmung der deutschen Unternehmenslenker auch viel über die Gesamtwirtschaft aus: Die Stimmung der Chefs ist katastrophal - und damit auch die Aussichten für die Gesamtwirtschaft.

Das Münchener Ifo-Institut fühlt rund 9000 Chefs regelmäßig mit einer Umfrage den Puls. Im April nun fiel dieser Ifo-Geschäftsklimaindex auf 74,3 Punkte. Auf einen solch tiefen Wert war das Barometer noch nie gestürzt - und noch nie so schnell. "Die Corona-Krise trifft die deutsche Wirtschaft mit voller Wucht", sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Schon die aktuelle Lage bewerten die Unternehmenslenker in der Umfrage als schlecht, die Aussichten erscheinen ihnen jedoch noch schwärzer. "Das Bruttoinlandsprodukt für das zweite Quartal wird grottenschlecht ausfallen", sagt daher Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Egal ob Industrie, Handel oder Dienstleistungssektor - überall befinden sich die Indikatoren im Sturzflug.

Die Stimmung der Chefs hat direkte Konsequenzen für die Beschäftigten: Bereits die Hälfte aller Unternehmen schickt laut Ifo-Institut Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Fast jedes fünfte Unternehmen plane derzeit, Stellen abzubauen. In Industrie und Dienstleistungsgewerbe seien dies 20 Prozent der Unternehmen, im Handel immerhin 15 Prozent. Am besten sieht es dagegen noch in der Baubranche aus, wo nur zwei Prozent der Unternehmen Stellen abbauen wollen. Doch auch wenn die Unternehmen auf dem Bau ihre Lage derzeit noch positiv einschätzen, sacken die Erwartungen für die Zukunft in der Ifo-Umfrage auch hier weiter ins Negative. Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung verbreitet in seiner Analyse ebenfalls düstere Zahlen: Die Zahl der Arbeitslosen dürfte in Deutschland dieses Jahr wieder auf drei Millionen steigen. Dazu rechnet das Institut mit rund 2,5 Millionen Kurzarbeitern. "Wir alle werden ärmer werden", sagt Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP-Bank.

Das deutsche Börsenbarometer Dax konnten die negativen Konjunkturmeldungen am Freitag jedoch nur für rund eine halbe Stunde drücken, danach hatten Anleger die Zahlen bereits wieder aus dem Blick verloren. Sie vertrauen offenbar darauf, dass umfangreiche Geldspritzen der Zentralbanken auch die weltweiten Aktienmarkt befeuern.

Das zeigt auch ein allwöchentlicher Stimmungstest bei deutschen Anlegern: Ihre Laune hat sich unter dem Strich sogar leicht verbessert - selbst wenn die Unternehmenschefs Trübsal blasen.

© SZ vom 25.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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