Hypo Real Estate:Verstaatlicht, aber nicht enteignet?

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Die HRE hat im ersten Quartal ein Minus von 382 Millionen Euro verbucht. Inzwischen steht fest: Der Bund besitzt bereits 41 Prozent der Aktien.

Th. Fromm u. C. Hulverscheidt

Die Bundesregierung ist ihrem Ziel, den angeschlagenen Münchner Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) zu verstaatlichen, einen großen Schritt nähergekommen. Wie aus einer Mitteilung des Bankenrettungsfonds Soffin hervorgeht, nahmen überraschend viele Aktionäre das Kaufangebot des Bundes an. Insgesamt sammelte dieser bis Montagnachmittag knapp 41 Prozent der HRE-Anteile ein. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass es dem Staat gelingt, die Bank ohne eine Enteignung des US-Investors Christopher Flowers und der anderen verbliebenen Aktionäre komplett zu übernehmen.

Filiale der Hypo Real Estate in Berlin: Wie es mit der Krisenbank weitergeht, entscheidet eine außerordentliche Hauptversammlung. (Foto: Foto: dpa)

Mit der Verstaatlichung will die Regierung die zur Stützung der Bank eingesetzten Steuergelder in Höhe von 87 Milliarden Euro sichern und Zeit für einen Umbau der HRE gewinnen. Da eine Enteignung laut Gesetz nur als letzter Schritt erlaubt ist, hatte der Bund den Aktionären zunächst angeboten, ihnen ihre Papiere für 1,39 Euro abzukaufen. Die Offerte war am Montag um Mitternacht ausgelaufen. Die Zahl der erworbenen Aktien könnte also noch höher ausgefallen sein als 41 Prozent. Das endgültige Ergebnis soll am Donnerstag vorliegen.

"Gute Fortschritte"

Sollte es Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) gelingen, auf 50 Prozent der Anteile zu kommen, könnte die Regierung bei der geplanten Hauptversammlung Anfang Juni eine milliardenschwere Kapitalerhöhung durchsetzen und die restlichen Aktionäre per Zwangsabfindung aus dem Kreis der Eigentümer drängen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll die Bank neue Aktien im Gesamtwert von 5,8 Milliarden Euro ausgeben, die komplett der Soffin übernähme. Der Anteil des Bundes stiege damit über die für eine Zwangsabfindung erforderliche Schwelle von 90 Prozent.

Für den Bund wäre eine Kapitalerhöhung die eleganteste Lösung, denn auf diese Weise könnte er die HRE ohne Enteignungen in seinen Besitz bringen. Den Plänen der Regierung steht jedoch Flowers im Weg, der mit befreundeten Investoren etwa 21 Prozent der HRE-Anteile kontrolliert und das Angebot ablehnt. Er will vor Gericht klagen, sollte er tatsächlich enteignet werden. Rein rechnerisch könnten der Bund und Flowers eine Kapitalerhöhung auch gemeinsam unter Dach und Fach bringen - schließlich kommen beide zusammen auf einen Anteil von über 60 Prozent. In Finanzkreisen gilt dies jedoch als unrealistisch. "Es ist kaum davon auszugehen, dass Flowers eine Kapitalerhöhung unterstützt, an dessen Ende seine Zwangsabfindung steht", hieß es in der Branche.

Die Zeit drängt jedoch: Allein im ersten Quartal machte die HRE 382 Millionen Euro Verlust. Wegen des erneuten Fehlbetrags lag die Kernkapitalquote - das Verhältnis von eigenem Geld zu gewährten Darlehen - mit 3,5 Prozent unter dem Mindestsatz von vier Prozent. Das bedeutet: Eigentlich hätte das Institut von der Bankenaufsicht geschlossen werden müssen. Dass dies bisher nicht geschah, liegt allein an der Zusage des Bundes, Kapital nachzuschießen.

Trotz des Quartalsverlusts zeigte sich HRE-Chef Axel Wieandt zuversichtlich. Man mache "gute Fortschritte bei der Neuausrichtung des Konzerns", erklärte er. So habe die Bank wieder Neugeschäfte bei Immobilienfinanzierungen über 600 Millionen Euro abgeschlossen. Unmittelbar nach der Rettung hatte der Konzern überhaupt keine Geschäfte mehr tätigen können, da viele Kunden eine Pleite der Bank befürchteten. Experten bleiben allerdings auch nach den jetzt verbreiteten Zahlen skeptisch. Eine Neuausrichtung der Bank sei "noch nicht auf den Weg gebracht", meint etwa der Münchner Bankenprofessor Klaus Fleischer.

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