Höhenflug des Euro:Sorgenfalten bei Exportwirtschaft

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Der ungebremste Höhenflug des Euro bereitet der deutschen Exportwirtschaft immer mehr Kopfzerbrechen. Die Gemeinschaftswährung passierte die Marke von 1,19 Dollar.

Im Vergleich zur D-Mark war die US-Währung allerdings schon einmal tiefer gefallen. Am 19. April 1995 kostete ein Dollar 1,3470 Mark - das wären umgerechnet 1,45 Dollar für einen Euro gewesen. Der Euro peile die Marke von 1,20 Dollar an, sagte Devisenanalyst Stefan Klomfass von der HelabaTrust.

Die unerwartet schnelle Euro-Aufwertung mache sich vor allem bei jenen Produkten mit starker ausländischer Konkurrenz bemerkbar, sagte Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil. Betroffen seien unter anderem die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie Stahlunternehmen. Autohersteller hätten sich dagegen langfristiger als andere Exportbranchen abgesichert. Resistent gegen Währungsschwankungen zeigten sich hingegen Spezialmaschinenhersteller, die die Euro- Aufwertung über Preiserhöhungen weitergeben könnten.

Ökonomischen Folgen des Euro-Anstiegs sind umstritten

Eine weitere Folge des Euro-Anstiegs: Importe werden günstiger, die Kosten für Öl zum Beispiel sinken. Commerzbank- Chefvolkswirt Ulrich Ramm sieht deshalb in einem hohen Eurokurs eher einen Nutzen als eine Belastung für die deutsche Wirtschaft. Dies sagte er dem Radio-Sender Deutsche Welle.

Die in Aussicht gestellte Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) könne den Höhenflug des Euro nicht stoppen, sagte Weil. "Die Kursbewegung kommt nicht aus Europa, sondern aus den USA." Die Europäische Zentralbank (EZB) stellt sich wegen zunehmender Preisstabilität auf eine Zinssenkung ein. Die Gefahr einer Deflation mit dauerhaft rückläufigen Preisen und sinkender Nachfrage ist nach Ansicht von EZB-Vizepräsident Lucas Papademos in Deutschland sehr gering.

Der Euro hat sich zum US-Dollar seit Anfang des Jahres um mehr als 15 Prozent verteuert. Am 31. Dezember 2002 notierte die europäische Gemeinschaftswährung noch bei 1,05 Dollar. Im April beschleunigte der Euro seinen Anstieg.

Ifo-Index stärkt den Euro

Für die Schwäche der amerikanischen Devise machte Klomfass vor allem Strukturprobleme in den USA verantwortlich. Das Land habe die hohen Erwartungen als Konjunkturmotor nicht erfüllt. Die Steuerreform der Bush-Regierung könne mittel- und langfristig auch keine Abhilfe leisten. Die hohe Staatsverschuldung werde die US-Wirtschaft auf Jahre belasten.

Die Probleme in Europa seien hingegen schon seit langer Zeit bekannt, sagte der Devisenspezialist. Carsten Fritsch, Devisenexperte bei der Commerzbank, führte die Dollar-Abwertung auch darauf zurück, dass sich die USA von der "Politik eines starken Dollars" verabschiedet hätten. Die Bush- Regierung ziehe einen schwachen Dollar vor, um die Exporte anzukurbeln, sagte er.

Der am Montag veröffentlichte ifo- Geschäftsklimaindex sei besser als von Volkswirten erwartet ausgefallen und unterfüttere damit die jüngste Kursbewegung des Euro. Die Erwartungshaltung der Unternehmen zeige, dass ein starker Euro dem Export nicht stark schaden würde.

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