Höhenflug der Gemeinschaftswährung:Euro erstmals über 1,20 Dollar

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Der Höhenflug des Euro ist offensichtlich nicht zu stoppen: Am Freitag übersprang sein Wechselkurs erstmals die Marke von 1,20 Dollar. Experten rechnen allerdings mit einem noch schwächeren Dollar.

Von Helga Einecke und Gerd Zitzelsberger

(SZ vom 29.11.03) - Den Sprung über die Marke von 1,20 Dollar nahm der Euro am frühen Nachmittag am größten europäischen Devisenmarkt in London. Es wurden bis zu 1,2017 Dollar gezahlt. Die öffentlichen Banken hatten den Referenzkurs am Mittag auf 1,1991 (Donnerstag: 1,1911) Dollar festgelegt. Der Eurokurs hatte vor einem Jahr noch um die Parität zum Dollar gependelt.

Die steigende Notierung lässt zwar die deutsche Öl-Rechnung billiger ausfallen, bedeutet aber für die Exportwirtschaft eine deutliche Erschwernis. Die Bundesregierung sieht aber noch keinen Anlass zur Besorgnis.

Gerüchte über George Soros und Warren Buffett

Den Auslöser für den Euro-Höhenflug bildeten nach Angaben von Londoner Devisenhändlern Options- und Termingeschäfte. Gerüchte kursierten, wonach die beiden erfolgreichen Finanzakrobaten George Soros und Warren Buffett spekulativ Dollar verkaufen hätten, um sie bald billiger wieder zurückzukaufen.

"Der Markt hat Blut gerochen", sagte David Bloom, ein Währungs-Stratege der Großbank HSBC. Vor allem aber sind am Freitag viele Optionskontrakte abgelaufen, und dies habe zu massiven Dollar-Abgaben geführt. Japanische Yen wollten viele Händler aus Angst vor einer Intervention der Tokioter Zentralbank nicht kaufen.

Überraschend kam die Euro-Stärke für manche Beobachter erstens, weil der europäische Stabilitätspakt seit Mitte dieser Woche als nicht mehr existent gilt. Zweitens hatten amerikanische Statistiker die jüngste Wachstumszahl für die USA auf außergewöhnliche 8,2 Prozent nach oben korrigiert.

Trotzdem macht sich am Markt die Einschätzung breit, dass das amerikanische Handelsdefizit hoch bleiben und künftig weniger ausländisches Kapital in die USA strömen könnte. Diese Prognose bildet den zentralen Hintergrund für die gegenwärtige Dollar-Schwäche.

Mehr Stabilität über steigende Leitzinsen

Thomas Mayer, Volkswirt bei der Deutschen Bank, erklärt das Euro-Hoch trotz ausgehebeltem Stabilitätspakt mit der Erwartung der Devisenmärkte, die Europäische Zentralbank (EZB) werde über steigende Leitzinsen für mehr Stabilität sorgen. Eingepreist seien am Markt bereits kurzfristige Zinsen von 3,0 Prozent in einem Jahr. Derzeit verlangt die EZB 2,0 Prozent für die kurzfristige Refinanzierung.

Für Mayer befindet sich der Dollar in einem langen Bärenmarkt. Die Deutsche Bank hat ihre Prognose für 2004 von 1,25 Dollar auf 1,30 Dollar je Euro nach oben gesetzt.

Ulrich Kater, Volkswirt bei der Deka Bank, sieht den Blickpunkt der Finanzmärkte immer mehr auf die hohen amerikanischen Defizite im Austausch mit der rechtlichen Welt und bei den Staatsfinanzen gerichtet. Das Aushebeln des Stabilitätspakt könnte sich eher langfristig auswirken, falls die Regierungen in Europa ihre Schulden weiter in die Höhe treiben. Die Deka Bank erwartet einen Eurokurs von 1,24 bis 1,30 Dollar im kommenden Jahr.

Die EZB hatte angesichts eines Euro-Dollar-Verhältnisses von 1,15 bis 1,20 Gelassenheit gezeigt und von einem langjährigen Durchschnittswert gesprochen.

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