Hintergrund:Die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute

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Sechs Forschungsinstitute in Deutschland erarbeiten im Frühjahr und im Herbst jeweils eine gemeinsame Konjunkturprognose.

Sie werden allgemein als die wissenschaftlich führenden Institute ihrer Art gesehen, doch sie sind nicht die einzigen.

Wirtschaftsforschung wird - teils regional oder nach Branchen - auch von wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten, Verbände, Unternehmen, Banken, Ministerien, Kammern und multistaatlichen Organisationen wie der OECD oder der Weltbank betrieben.

Die sechs Forschungsinstitute sind (von Nord nach Süd):

INSTITUT FÜR WELTWIRTSCHAFT (IfW/Kiel):

Das IfW genießt wissenschaftlich einen außerordentlich guten Ruf und ist am stärksten von marktwirtschaftlichen Prinzipien geprägt. Das ist das Verdienst der beiden ehemaligen Präsidenten Herbert Giersch und Horst Siebert, die das IfW über Jahrzehnte als Hochburg des Marktliberalismus positionierten und zur Kaderschmiede für Angebotspolitik und Monetarismus ausbauten. Das Institut mit seinen rund 270 Mitarbeitern (einschließlich Bibliothek) sieht seine Hauptaufgabe in der anwendungsorientierten Forschung und beschäftigt sich mit der internationalen Arbeitsteilung. Es verfügt über eine der weltweit bedeutendsten wirtschaftswissenschaftlichen Bibliotheken. Das Präsidentenamt ist seit Sieberts Pensionierung im März unbesetzt.

HAMBURGISCHES WELT-WIRTSCHAFTS-ARCHIV (HWWA/Hamburg):

Das HWWA versteht sich selbst als ein dienstleistungsorientiertes Forschungsinstitut, das Angebote an die Öffentlichkeit macht. So gehört zum HWWA ein öffentliches Pressearchiv und eine bedeutende Bibliothek. Von den rund 150 Mitarbeitern arbeiten weniger als 40 in der Forschung, aber mehr als doppelt so viele im Dienstleistungsbereich. Die Hamburger Forscher beschäftigen sich mit der Internationalisierung der Wirtschaft und der europäischen Integration. Präsident ist der Schweizer Wissenschaftler Thomas Straubhaar.

DEUTSCHES INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG (DIW/Berlin):

Das DIW ist mit mehr als 200 Mitarbeitern und einem Etat von 19 Millionen Euro das größte der Institute. Zu den Schwerpunkten des Berliner Instituts gehört seit dem Fall der Mauer die Entwicklung in den neuen Ländern und in Osteuropa. Dem DIW wird von allen Instituten die größte Nähe zu den Gewerkschaften nachgesagt und eine Verbundenheit zur Denkschule des Wissenschaftlers Keynes. Es ist damit eine Art Gegenpol zum IfW. Geführt wird das DIW von Klaus Zimmermann.

RHEINISCH-WESTFÄLISCHES INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

(RWI/Essen):

Das RWI konzentriert sich auf Diagnosen und Prognosen der Entwicklung der deutschen Wirtschaft und in bedeutenden Industrieländern. Die Analyse der Wirtschaft Nordrhein-Westfalens und der Bereiche Energie und Stahl zählt ebenso zu den Arbeitsschwerpunkten des Instituts. Der neue Präsident Christoph Schmidt hat nach seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr angekündigt, das RWI zu einem Zentrum der ökonometrischen Arbeitsmarkt- und Bildungsforschung machen zu wollen.

INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG HALLE (IWH):

Die einzige ostdeutsche Forschungseinrichtung unter den führenden Instituten beschäftigt sich mit der Transformation der ostdeutschen Wirtschaft und Fragen der Angleichung der osteuropäischen Staaten an die Europäische Union. Das IWH mit mehr als 70 Mitarbeitern versteht sich jedoch ausdrücklich nicht als ostdeutsches Regionalinstitut. Zentrale Forschungsgebiete sind auch der Arbeitsmarkt im Umbruch, kommunale Wirtschaft und föderativer Staat unter Anpassungsdruck. Gegründet 1992 ist das IWH das jüngste Institut und wird von Rüdiger Pohl geleitet.

INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG (Ifo/München):

Das Ifo Institut an der Universität München versteht sich als wissenschaftlicher Vordenker für Politik und Wirtschaft. Es ist in der Öffentlichkeit vor allem durch seinen Geschäftsklima-Index bekannt, der ein stark beachteter Frühindikator für die Entwicklung der Konjunktur ist. In der Forschung konzentriert sich das Ifo Institut auf Gebiete, die für die Politikberatung von Bedeutung sind, zum Beispiel Sozialpolitik, Arbeitsmarkt, Strukturwandel und Finanzmärkte. Leiter des Instituts ist Hans-Werner Sinn.

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