Heuschreckendebatte auch in England:Grillfest im Unterhaus

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Private Equity-Mitarbeiter gelten als besonders verschwiegen. Nicholas Ferguson von Permira hielt das nicht aus und kritisierte, ein Manager zahle weniger Steuern als eine Putzfrau. Nun stehen fünf Große der Branche am Pranger.

Protzige Rolex-Uhren sind verpönt. Auch sündhaft teure Maßanzüge seien unpassend. Mit solchen Tipps haben PR-Berater fünf Herren versorgt, die an diesem Mittwoch im einflussreichen Finanzausschuss des britischen Parlaments Rede und Antwort stehen müssen. Sie sind Chefs von Beteiligungsgesellschaften: Damon Buffini von Permira, Philip Yea von 3i, David Blitzer von Blackstone, Robert Easton von Carlyle und der Londoner Kohlberg-Kravis-Roberts-Repräsentant, Dominic Murphy.

Beteiligungsgesellschaften sind auch im Freiburger Stadtteil Weingarten nicht besonders beliebt - eine Aufnahme vom Sommer 2006. (Foto: Foto: AP)

Die Spitzenmanager der Branche, die gerne verschwiegen Milliardengeschäfte machen, müssen ins Rampenlicht. Sie sollen sich gegenüber den Parlamentariern für exorbitante Gewinne, Steuervorteile bei Investitionen, aber auch den Abbau von Arbeitsplätzen in den von ihnen übernommenen Firmen rechtfertigen.

Bratwürste mit Passfotos der Manager

Die sensationshungrige britische Boulevardpresse hat sich auf den "Showdown" an der Themse bereits eingeschossen. Den Finanzjongleuren werde gehörig der Kopf gewaschen, schrieb die Daily Mail.

Die seriöse Sunday Times bezeichnete die Anhörung als "Grilling". Dazu stellte das Blatt eine Fotomontage: saftige Bratwürste auf einem Grillrost, drapiert mit den Passbildern der fünf Manager.

Die Firmen haben Zoff durchaus selbst verschuldet: Anfang Juni räumte der bekannte Londoner Investmentbanker und Permira-Mitgründer Nicholas Ferguson in ungewöhnlicher Offenheit ein, dass ein Fondsmanager in Großbritannien "weniger Steuern zahle als eine Putzfrau".

Er meinte damit nicht die absolute Summe, sondern den Steuersatz. Private-Equity-Firmen müssen auf Kapitalgewinne nur den Minimalsatz von zehn Prozent zahlen.

Wie in Deutschland

Seit den despektierlichen Anmerkungen Fergusons tobt ein erbitterter Streit zwischen britischen Politikern und Lobbyisten über die angeblich unmoralischen Beteiligungsmanager - vieles erinnert an die deutsche Heuschrecken-Debatte.

Im Ausschuss werden sich die Augen vor allem auf Permira-Chef Buffini richten. Der 44-Jährige mit dem Auftritt eines Hollywood-Stars gilt als der smarteste und eloquenteste unter den Kollegen.

Sein Vermögen wird auf 200 Millionen Euro geschätzt und er wohnt in der Neureichengemeinde Wandsworth südlich von London, doch er stammt aus einem sozialen Milieu, dem sich seine Kritiker aus der Labour-Partei verbunden fühlen:

Seine Mutter schlug sich als Putzfrau in der englischen Stadt Leicester durch. Sein Vater, ein amerikanischer Soldat, kümmerte sich nicht um die Familie.

Aus dem Labour-Milieu in die Neureichengemeinde

Das hielt den jungen Buffini nicht davon ab, schon in der Schule brennenden Ehrgeiz zu entwickeln, zu den Besten zu gehören. Er studierte an der Universität Harvard in den USA Wirtschaft. Zurück in London traf Buffini seinen beruflichen Ziehvater Nicholas Ferguson.

Der Senior brachte den jungen Aufsteiger in die Private-Equity-Branche. Heute sitzt Buffini im fünfköpfigen Führungsgremium von Permira, unter anderem mit dem Deutschen Thomas Krenz.

Youngster in der Branche ist David Blitzer. Mit 37 Jahren hat der Amerikaner es in die Führungsetage der Londoner Dependance des amerikanischen Beteiligungsgiganten Blackstone geschafft. Blitzer studierte an der renommierten Wharton School im amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania.

Er hat sich bei Blackstone einen Namen als geschickter Verhandler gemacht, dem knifflige Transaktionen wie der Kauf des britischen Keksherstellers United Biscuits gelingen. Die Show stahl ihm allerdings sein Konkurrent Dominic Murphy von Kohlberg Kravis Roberts (KKR). Der 40-Jährige fädelte die bislang größte europäische Übernahme durch eine Beteiligungsgesellschaft ein: den Kauf der britischen Pharmakette Alliance Boots für umgerechnet 16 Milliarden Euro.

Nur einer verteidigt sich

Wenn Verschwiegenheit ein Markenzeichen der Branche ist, dann gilt dies insbesondere für den britischen Carlyle-Chef Robert Easton. Im Gegensatz zu Murphys Firma KKR gibt Carlyle zwar wenigstens ein Foto vom Chef heraus. Er aber gibt weder sein Alter preis, noch lässt er etwas über seine Familienverhältnisse wissen.

Easton habe sein Karriere als Finanzchef beim Industrieunternehmen BTR begonnen und später für die Investmentbank Credit Suisse First Boston in London und New York gearbeitet, heißt es in dürren Worten auf der Carlyle-Website.

Die in Washington ansässige Carlyle Group geriet nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in die Schlagzeilen, weil die saudische Familie des Terrorchefs Osama bin Laden zu den Carlyle-Investoren gezählt haben soll.

Der eine brave Vertreter

Der Chef der britischen Beteiligungsgesellschaft 3i, Philip Yea, ist gesprächiger. Offensiv verteidigt der 60-Jährige seine Branche. Beteiligungskapital sei kein "Teufelswerk", sagte der ehemalige Manager des Spirituosenkonzerns Diageo vor kurzem in einem Interview.

Yea, der einen Oxford-Abschluss in modernen Sprachen hat und 2004 zu 3i kam, war zudem der einzige Vertreter seiner Zunft, der jetzt in einer Umfrage der Zeitung

Guardian

erklärte, seine Steuern brav in Großbritannien zu zahlen.

Nicht nur Labour-Abgeordnete sind erbost darüber, dass viele britische Fondsmanager sich vor hohen Steuern drücken, indem sie ihre Wohnsitze in Steueroasen wie die britischen Kanalinseln verlegen. Genau dieses Thema wird nun im Unterhaus für Wirbel sorgen.

© SZ vom 19.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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