Helge Achenbach:Männerfreundschaft ausgenutzt

Lesezeit: 2 min

Deutschlands einst schillerndster Kunstberater soll 16 Millionen Euro Schadenersatz an die Familie des Aldi-Erben Berthold Albrecht zahlen.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Erst seit wenigen Wochen ist Helge Achenbach wieder ein freier Mann. Deutschlands wohl berühmtester Kunstberater saß vier Jahre lang im Gefängnis Moers-Kapellen am Niederrhein ein, weil er wohlhabende Kunden beim Kauf von Sammlerstücken um Millionen betrogen hatte. Sein prominentestes Opfer war Berthold Albrecht, der mittlerweile verstorbene Erbe der Handelskette Aldi Nord. Doch nachdem Achenbach zwei Drittel seiner Gefängnisstrafe tadellos abgesessen hat, ist er seit dem 6. Juni auf freiem Fuß. "Ich möchte nicht mehr der alte Helge sein", ließ der 66-Jährige damals verlauten, "dieser Zampano".

Doch kaum ist die Haftstrafe verbüßt, folgt nun die zivilrechtliche Quittung: Achenbach muss Berthold Albrechts Erben gut 16 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am Donnerstag entschieden. Der Düsseldorfer Kunstberater habe den Aldi-Erben vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und betrogen, urteilen die Richter.

Die beiden Duzfreunde hatten vor einem Jahrzehnt vereinbart, dass Achenbach zu fairen Preisen Kunstwerke bei Galeristen ankaufen und an Albrecht weitergeben sollte, darunter Gemälde von berühmten Künstlern wie Juan Munoz oder Gerhard Richter. Der Aldi-Erbe kannte sich selbst auf dem Kunstmarkt nicht gut aus, wollte daher keine überzogenen Preise zahlen müssen. Vom Jahr 2010 an erwarb Achenbach auch teure Oldtimer für Albrecht, etwa von Bentley, Bugatti oder Ferrari. Es war eine Zeit, da der schillernde Berater ohnehin regelmäßig auf Kunstmessen flanierte.

Das Verhältnis der beiden sei von einem "tiefen, unumstößlichen Vertrauen" geprägt gewesen, führen die Richter an. "Zwischen beiden bestand eine engste Männerfreundschaft", sagte der Vorsitzende Richter Jörn Jenssen bei der mündlichen Verhandlung. Doch Achenbach habe dieses Vertrauen enttäuscht. Denn neben der vereinbarten Provision von drei bis fünf Prozent des Kaufpreises stellte der Berater für einige Sammlerstücke höhere Preise in Rechnung, als er tatsächlich für den Ankauf zahlte. Achenbach habe gar Rechnungen manipuliert, damit der Schwindel nicht auffliegt, so das Gericht.

Dies geschah erst nach Albrechts Tod im Jahr 2012, als seine Witwe Babette die Rechnungen des Kunstberaters überprüfte und mithin die Ermittlungen ins Rollen brachte. Achenbach kam in Untersuchungshaft; im März 2015 verurteilte ihn das Landgericht Essen wegen Betrugs zu sechs Jahren Haft.

Die Jahre hinter Gittern seien "brutal schwer" gewesen, sagte Achenbach anlässlich seiner Freilassung, "haben mich aber auch gereinigt." Der Gefangene arbeitete als Sportwart, putzte Toiletten, sang im Chor, lernte malen und arbeitete schließlich für die Diakonie in Düsseldorf.

Zwar bleiben die Richter mit den gut 16 Millionen Euro Schadenersatz unter den Forderungen der Aldi-Erben zurück. Denn bei einigen Sammlerstücken sei nicht bewiesen, dass Achenbach seinen Freund getäuscht oder Preise manipuliert hätte, argumentieren die Richter. Allerdings wird der frühere Kunstberater die Forderung ohnehin kaum begleichen können. Seine beiden Unternehmen mussten Insolvenz anmelden; in der Folge wurden etwa 2500 Kunstwerke zwangsversteigert. Mit den neuen Schulden müsse Achenbach nun leben. "Das hängt 30 Jahre an mir wie ein Wackerstein", sagt er am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.

In der Vorinstanz hatte das Landgericht Düsseldorf den Kunstberater vor einem Jahr zu knapp 19 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt. Dagegen legten seine Anwälte Berufung ein - und erzielten nun zumindest einen Teilerfolg. Eine Revision zum Bundesgerichtshof hat das OLG am Donnerstag nicht zugelassen, da der Fall keine grundsätzliche Bedeutung habe.

Immerhin hat Achenbach mit Günter Wallraff nun einen prominenten Vermieter und Weggefährten gefunden: Der 75-jährige Enthüllungsjournalist hatte in seinem Haus im hippen Kölner Viertel Ehrenfeld ohnehin noch eine Dachgeschosswohnung frei. Achenbach will sich nun in einer gemeinnützigen Stiftung um politisch verfolgte Künstler in Krisenländen kümmern. "Damit werde ich hoffentlich die nächsten 20 Jahre ein erfülltes Leben haben."

© SZ vom 29.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: