Hausse an der Börse:Mister Dax und der Rekord

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Vor 20 Jahren erfand Frank Mella den Deutschen Aktienindex. Heute lebt der Journalist zurückgezogen in Königswinter - und erzählt, wie ihm damals die zündende Idee kam.

Simone Boehringer

"Die hohen Zinsen könnten dem Dax bald das Genick brechen'', meint Frank Mella. Viel mehr möchte er zum Rekordstand des wichtigsten deutschen Aktienbarometers nicht sagen.

"Ich habe meine Würfel nicht dabei'', beantwortet der Erfinder des Deutschen Aktienindex (Dax) mit leicht ironischem Unterton im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung die Frage, in welche Richtung das Kursbarometer sich denn weiterentwickeln könnte.

Am Montag hat der Standardwerteindex den alten Rekordschluss vom 7. März 2000 bei 8064 Punkten zeitweise überwunden. "Das ist doch großartig'', freut sich Mella, der einst vor zwanzig Jahren "die Blaupause'', wie er selbst sein Indexkonzept nennt, zu dem bekanntesten deutschen Kursbarometer geliefert hatte.

1995 hat er dafür vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog sogar das Bundesverdienstkreuz erhalten. Genau genommen hat er den Orden für die Weiterentwicklung eines bestehenden Konzeptes bekommen.

Mella, damals Redakteur im Ressort "Börsen und Kapitalmarkt'' der Börsen Zeitung, übernahm die Berechnung des bestehenden Hardy-Index, benannt nach einer ehemaligen Frankfurter Privatbank. Mellas wesentlicher Verdienst dabei war zum einen bei dem Index die Dividendenzahlungen einzubeziehen, ein heute weltweit übliches Verfahren.

Zum anderen hatte er als Erster empfohlen, den Index so zu konzipieren, dass er zur Grundlage für Termingeschäfte werden konnte. Und das wohlgemerkt 1987, drei Jahre bevor in Deutschland Börsentermingeschäfte überhaupt gesetzlich möglich wurden. 1990 eröffnete mit der Deutschen Terminbörse der erste professionelle Derivatemarkt im Land.

Heute ist die Nachfolgebörse Eurex der mit Abstand größte Terminmarkt der Welt. Produkte auf den Dax vereinen seit Jahresanfang ein Kontraktvolumen von immerhin fast sechs Billionen Euro und gehören damit zu den Umsatzbringern der Eurex.

Zündende Idee kam in Chicago

Die Idee für den Dax war Mella auf einer Pressereise in Chicago Anfang der achtziger Jahre gekommen. "Damals wurde uns das Konzept des Terminhandels erstmals grundlegend vorgestellt'', und der Börsen-Zeitungsmann erkannte offenbar als einer der Ersten im Land die Möglichkeiten, die damit verbunden waren.

Bei der Deutschen Börse gehörte Mella anfangs zu den Gründungsmitgliedern des Arbeitskreis Aktienindizes, dem Gremium, welches heute noch über die Auf- und Absteiger bei den Barometern der Dax-Familie entscheidet.

Trotz oder wegen der frühen Meriten in seinem Berufsleben hat sich Mella schon vor mehr als fünf Jahren aus dem journalistischen Tagesgeschäft zurückgezogen.

Bis zu den Nachwehen des New-Economy-Crashs 2000 hatte er sich noch als Kolumnist für die Tageszeitung Die Welt zum Aktienmarkt geäußert, zuletzt auch durchaus kritisch. Angestellt war der heftige Zigarrenraucher zuletzt zwischen 1988 und 1990 als stellvertretender Chefredakteur des Fachmagazins Das Wertpapier in Düsseldorf.

Heute bevorzugt der 57-Jährige die Zurückgezogenheit in Königswinter bei Bonn. "Ich schreibe die Geschichte meiner Familie auf und reise viel'', sagt er. Gut siebzig Länder habe er schon geschafft und hundert sollen es mindestens werden. Eine Kursprognose zum Dax wird es aber mit Sicherheit auch dann nicht von ihm geben.

© SZ vom 19.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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