Haushaltshilfen:Die tägliche Angst, entdeckt zu werden

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Tüchtig, zuverlässig, preiswert: Ausländische Putzfrauen sind in deutschen Haushalten beliebt, aber die jüngsten Gesetzesinitiativen dürften ihre Lage eher noch verschlechtern.

Von Cathrin Kahlweit

Agnes hat einen Mann und zwei erwachsene Töchter; alle drei leben in Polen und sind arbeitslos. Agnes selbst wohnt in einer winzigen Wohnung im Münchner Norden und hat nichts anderes als ihre Arbeit: Rund 50 Stunden pro Woche putzt die 50-Jährige in Grünwald und am Starnberger See, am Kolumbusplatz und in Bogenhausen Fußböden für fremde Leute, abends fährt sie heim in ihre Wohnung und schaut polnisches Kabelfernsehen.

Im Schutze der Dunkelheit: Ausländische Haushaltshilfen in Deutschland. (Foto: Foto: dpa)

Seit zehn Jahren tut sie das. Ihren Mann und die ältere Tochter sieht Agnes zwei Monate im Sommer und in den Weihnachtsferien, während die jüngere Tochter unterdessen ihre Putzstelle in München übernimmt.

Seit Jahren illegal in Deutschland

Denn einen Einkommensausfall kann sich die Familie nicht leisten. Agnes spricht kaum Deutsch - ihre Arbeitgeber sind in der Regel nicht daheim, wenn sie arbeitet, und am Abend trifft sie höchstens mal polnische Bekannte, die wie sie ohne Arbeitsgenehmigung seit Jahren in Deutschland leben.

"Natürlich wäre ich lieber bei meiner Familie", sagt Agnes, "aber daheim gibt es keine Jobs."

Schwarzarbeit und die Angst vor der Entdeckung sind seit zehn Jahren Alltag für sie. Ihre Arbeitgeber wiederum ziehen die tüchtige und zuverlässige Agnes anderen, legalen Arbeitskräften vor und begehen damit wissentlich eine Ordnungswidrigkeit: ohne Arbeitserlaubnis ist natürlich auch keine offizielle Anmeldung möglich.

Ausländische Illegale, die wie Agnes zeitlich flexibel und zu niedrigen Preisen in deutschen Haushalten arbeiten, gibt es zu Hunderttausenden.

Blockwartmentalität

Die Pläne der Bundesregierung, Schwarzarbeit in privaten Haushalten stärker zu verfolgen als bisher und mit einer Strafe von bis zu 1500 Euro zu belegen, sind daher in der Bevölkerung auf massive Kritik gestoßen; von Blockwartmentalität wird geredet und davon, dass Denunziation als Mittel nachbarschaftlicher Auseinandersetzungen populär werden könnte.

Finanzminister Hans Eichel (SPD) betont zwar, es gehe ihm mit seinem Gesetzentwurf vor allem um die Bekämpfung gewerblicher Schwarzarbeit.

Dennoch ist die Finanzierbarkeit gemeldeter und versteuerter Hausarbeit sowie Kinderbetreuung wieder mal zum Thema geworden in einer Debatte über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf der einen - und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf der anderen Seite.

Bis zum Ende der Kohl-Ära gab es das so genannte Dienstmädchen-Privileg, nach dem desto mehr vom Gehalt der Haushälterin abgesetzt werden konnte, je mehr der Arbeitgeber verdiente.

Dienstmädchen-Privileg passé

Die Sozialdemokraten fanden das unsozial und führten eine neue Regelung ein: Das Einkommensteuergesetz sieht nun vor, dass "haushaltsnahe Dienstleistungen" bis zu einer Höhe von 2400 Euro pro anno abgesetzt werden können, wenn Kinderfrau, Haushälterin oder Pflegerin ordentlich angestellt sind; die wenigsten Privathaushalte allerdings können sich Lohn plus Arbeitgeberanteil nach Tarif leisten, könnten dabei doch mehrere tausend Euro pro Monat zusammenkommen.

Nach der neuen Hartz-Gesetzgebung vom vergangenen Jahr können überdies für Minijobs im Haushalt, die per Haushaltsscheck bei der Bundesknappschaft angemeldet sind, maximal 510 Euro von der Steuerschuld abgezogen werden; wer sein Personal über eine Dienstleistungsagentur engagiert hat, muss bis zu 600 Euro im Jahr weniger Steuern zahlen.

Das sind durchaus Erleichterungen, aber eben nur dann, wenn ein Haushalt mit den Stunden pro Woche auskommt, die ein Minijob einschließt - und wenn die so beschäftigte Haushaltshilfe legal in Deutschland ist.

Schwarzmarkt

Schwierig ist die Situation auch in der Betreuung von Kranken und Alten: Insbesondere Pflegedienste beharren darauf, dass die derzeitige Gesetzgebung im Bereich der Kranken- und Altenpflege einen Schwarzmarkt geradezu fördert, weil offizielle Kräfte für private Haushalte oft zu teuer und Pflegekräfte mit Arbeitserlaubnis schwer zu finden sind.

Die Arbeitszeit gehe häufig über die maximale Stundenzahl eines Minijobs hinaus. Jeder wisse, sagt zum Beispiel Claus Fussek, der Leiter der "Vereinigung Integrationsförderung", dass der schwarze Markt umso attraktiver werde, je teurer die Pflege sei.

Vor Jahren hatte Fussek eingeräumt, er vermittle auch Schwarzarbeiter an Pflegebedürftige. Damit mache er sich zwar strafbar - aber tue er es nicht, wäre das unterlassene Hilfeleistung. Wiederholt hat er solche Äußerungen nicht, nachdem er prompt angezeigt wurde.

Eichels Plan zeigt jedenfalls schon Wirkung: In der Minijob-Zentrale der Bundesknappschaft rufen derzeit täglich rund 20.000 verunsicherte Arbeitgeber wegen nicht gemeldeter Hilfen an.

© SZ vom 17.01.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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