Haushaltsdefizit:IWF kritisiert Washington

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Der Internationale Währungsfonds kritisiert die Finanzpolitik von US-Präsident Bush ungewöhnlich scharf. Das "beispiellose Schuldenniveau für eine große Industrienation" bedrohe das weltwirtschaftliche Gleichgewicht.

Die Organisation rief die US-Regierung in einem ungewöhnlich ausführlichen und kritischen Bericht über die Finanzsituation seines größten Anteilseigners auf, die Schulden abzubauen.

Ansonsten drohten weltweit höhere Zinsen, die Privatinvestitionen ersticken und damit Produktivität und Wachstum beeinträchtigen, schrieb der IWF.

Zudem dürften die Risiken des Dollarverfalls nicht ignoriert werden. Auch sei die dringend nötige Sanierung der Renten- und der staatlichen Krankenkasse in Frage gestellt.

US-Regierung reagiert

Die Wirtschaftsexperten des Weißen Hauses bezeichneten den Bericht nach Presseberichten als Panikmache. Finanzminister John Snow verwies auf Pläne der Regierung, das Defizit innerhalb von fünf Jahren zu halbieren. Die Zinssenkungen, deren Nutzen der IWF in Frage stellt, seien nötig gewesen, um Wachstumsanreize zu geben.

"Aber wir waren verpflichtet, der arbeitenden Bevölkerung und den US-Unternehmen zu helfen", sagte Snow vor der US-Handelskammer. "Das ist passiert und jetzt haben wir Zeit, ums um das Defizit zu kümmern."

Rekordwert erreicht

Das Defizit betrug im abgelaufenen Finanzjahr 374 Milliarden Dollar, ein Rekordwert in absoluten Zahlen, jedoch nicht im Verhälnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Ökonomen erwarten in diesem bis zu 500 Milliarden Dollar Defizit. Das wären rund 4,5 Prozent des BIP. 1983 betrug der Wert sechs Prozent. Im Jahr 2000 wurde noch ein Überschuss von zweieinhalb Prozent des BIP erwirtschaftet.

Als Wachstumsanreiz habe die US-Fiskalpolitik mit ihren Zinssenkungen die globale Wirtschaft zwar kurzfristig gestützt, räumt der IWF ein. "Aber ein großes US-Defizit birgt auch bedeutende Risiken für den Rest der Welt", hielt der IWF fest. Wachsende US-Defizite ließen die realen Zinsen in aller Welt steigen.

Globale Risiken

Zudem führten die Auslandsschulden - mit bald 40 Prozent des BIP auf "nie da gewesener Höhe für ein großes Industrieland" - zu erheblichem Druck auf den Dollar.

"Die möglichen globalen Risiken einer wenig geordneten Wechselkursanpassung dürfen nicht ignoriert werden." Der Dollar hat in den vergangenen 18 Monaten rund ein Viertel seines Wertes gegenüber dem Euro verloren.

Erhebliche Unterfinanzierung

Die amerikanische Rentenkasse (Social Security) und die staatliche Krankenversicherung (Medicare) seien zudem erheblich unterfinanziert, schrieb der IWF. Die Beiträge müssten erhöht und die Auszahlungen begrenzt werden.

Der IWF fordert die Regierung in Washington auf, dringend einen Plan zum Schuldenabbau vorzulegen und Reformen der Renten- und Krankenkasse auf den Weg zu bringen.

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