Haushaltsdebatte:"Wir dürfen auf keinen Fall bei Hartz IV stehenbleiben"

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CDU-Chefin Merkel hat in der Haushaltsdebatte des Bundestages weitere Veränderungen am Arbeitsmarkt gefordert. Der Kanzler hielt der Opposition entgegen, sich bereits bei der anstehenden Hartz-IV-Reform vor dem Unmut der Bevölkerung weggeduckt zu haben.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel forderte für Deutschland eine Regierung mit einer einfachen und unbürokratischen "Politik aus einem Guss". "Das ist die neue Union des 21. Jahrhunderts", sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag in der Generaldebatte über den Haushaltsentwurf 2005. Die rot-grüne Bundesregierung sei zu sehr in altem Denken und alten Feindbildern verhaftet.

Bundeskanzler Schröder beobachtet seine Widersacherin Angela Merkel während der Haushaltsdebatte des Bundestages aufmerksam. (Foto: Foto: ddp)

Keine Einzelheiten

Die CDU-Chefin forderte für den Arbeitsmarkt zusätzliche Reformen über die Hartz-Gesetze hinaus. "Wir dürfen auf keinen Fall bei Hartz IV stehenbleiben", sagte Merkel. Einzelheiten dazu nannte sie allerdings nicht.

Bundeskanzler Gerhard Schröder richtete hingegen scharfe Angriffe an die Adresse der Union. Die Opposition habe sich "in die Büsche geworfen", als die notwendigen Reformen wie die Einführung der Praxisgebühr zu Jahresbeginn zu massivem Unmut in der Bevölkerung geführt hatte.

Für mehr Schärfe gesorgt

Wenn jetzt CDU-Ministerpräsidenten die Freigrenzen für das Vermögen als zu niedrig kritisierten, werde das der Lage nicht gerecht: "Die gleichen Ministerpräsidenten haben dafür gesorgt, dass nicht weniger, sondern mehr Schärfe ins System gekommen ist", sagte Schröder mit Blick auf von der Union durchgesetzte Forderungen im Vermittlungsverfahren zu Hartz IV.

Genauso sei es bei den Zuverdienstmöglichkeiten. "Diejenigen, die weniger gefordert haben, laufen jetzt herum und sagen, wir hätten mehr an Zuverdienst schaffen sollen", beklagte sich der Kanzler.

"Job Floater" ein Flop

Die Oppositionsführerin Merkel äußerte sich hingegen skeptisch zum Erfolg der bislang eingeleiteten Reformen. So sei der groß angekündigte "Job-Floater" ein Flop geworden und für die Ich-AGs gebe es ebenfalls nach dem ersten Jahr "katastrophale Prognosen".

Der Regierung warf Merkel vor, durch gebrochene Wahlversprechen und eine verfehlte Informationspolitik etwa zu Hartz IV das "Vertrauen in die Gestaltungskraft der Politik insgesamt zerstört" zu haben.

"Das ist die Halbzeitbilanz und die Bilanz nach sechs Jahren Rot-Grün." Das Dilemma der Koalition sei ihr Mangel an Glaubwürdigkeit.

Die Bundesregierung habe bei ihrem Reformkurs drei entscheidende Forderungen nicht erfüllt, meinte Merkel. "Die jeweils beschlossenen Maßnahmen müssen auch ordentlich erklärt werden." Bei der Arbeitsmarktreform seien aber erst die Fragebögen verschickt worden, dann sei die Regierung in den Urlaub gefahren und habe erst danach mit ihrer Info-Kampagne begonnen.

"Wie ein Hamster im Laufrad"

"Es muss handwerklich sauber gearbeitet werden", forderte die Unionsfraktionschefin. Dann müsse nicht nachgebessert werden wie jetzt bei den Auszahlungsterminen für das neue Arbeitslosengeld II. Und schließlich habe Rot-Grün die Frage nicht beantwortet: "Wie lohnen sich all die Veränderungen, die Reformen, für die Menschen?" Stattdessen kämen von der Koalition nur "Begriffe, Begriffe - wie ein Hamster im Laufrad".

Merkel kritisierte: "Das erzeugt bei der Bevölkerung Leere, Wahlenthaltung und zum Schluss Flucht in die radikalen Parteien." "Wir dürfen nur nicht jeden Tag einen Paradigmenwechsel machen, da werden die Leute auch verrückt", verlangte die Oppositionsführerin.

Auch die Rolle der Gewerkschaften müsse sich massiv ändern. Sie hätten den Schritt in das neue Zeitalter der Globalisierung an vielen Stellen nicht geschafft.

"Beschönigen ist keine Antwort"

Merkel sagte, für Ostdeutschland sei nicht das Beschönigen die Antwort auf die Demonstrationen gegen die Arbeitsmarktreformen, sondern die Antwort auf die Frage: "Was ist bei 24 Prozent Arbeitslosigkeit die Perspektive für die Menschen?"

Die Bürger spürten, dass die Schere zwischen Ost und West wieder aufgegangen sei. Sie wollten jetzt wissen, was dagegen getan werde. Merkel warf Bundeskanzler Gerhard Schröder vor, statt seine Richtlinienkompetenz zu nutzen, fahre er Schlangenlinien. Sein Politikkonzept sei ohne Zukunftsperspektive: "Die nächsten Schritte haben mir bei Ihnen gefehlt."

Nötig seien die Weiterentwicklung des Arbeitsrechts, eine grundlegende Gesundheitsreform, die Vereinfachung des Steuersystems und Innovationen.

"Richtige Worte gefunden"

Im außenpolitischen Teil ihrer Rede sagte Merkel, Schröder habe die richtigen Worte für den Kampf gegen der Terrorismus und zu dem Geiseldrama in Beslan gefunden.

Nicht in Ordnung sei aber, dass sich der Kanzler nicht kritisch zum Ablauf der Wahlen in Tschetschenien geäußert habe. Kritik an den USA, Schweigen zu Russland: "Das ist Doppelmoral, die hilft im Kampf gegen Terrorismus nicht."

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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