Haushalt 2005:Ausverkauf beim Bund

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Finanzminister Eichel will durch Verkäufe in bislang nie da gewesener Höhe die Haushaltslücke des nächsten Jahres schließen. Bundesvermögen im Wert von 15,45 Milliarden Euro soll unter den Hammer.

Von Ulrich Schäfer

Dies liegt weit über dem bisherigen Privatisierungsrekord von 1998. Finanzminister Theo Waigel (CSU) verkaufte damals Aktien und Immobilien im Wert von 10,1 Milliarden Euro.

Eichel stellt 2005 einen neuen Privatisierungsrekord auf. Foto: AP (Foto: N/A)

Die Höhe der Erlöse geht aus dem Etatentwurf 2005 hervor, über den das Kabinett am Mittwoch entscheidet. Eichel hat das Zahlenwerk am Samstag fertig gestellt. Am Sonntag wurden die ersten Exemplare des Gesetzes an die anderen Ministerien der Regierung versandt.

Dank der Verkäufe gelingt es Hans Eichel, im nächsten Jahr die Vorgabe des Grundgesetzes einzuhalten, wonach die Schuldenaufnahme unterhalb der Höhe der Investitionen liegen muss: Eichel rechnet mit einer Kreditaufnahme von 22 Milliarden Euro und Investitionen von 22,8 Milliarden Euro.

Die investiven Ausgaben gehen damit zum zweiten Mal in Folge spürbar zurück. Vor einem Jahr noch hatte die Bundesregierung inklusive der Fluthilfe nach dem Elbhochwasser 25,7 Milliarden investiert, dieses Jahr werden es mit 24,6 Milliarden Euro gut eine Milliarde Euro weniger sein, und nächstes Jahr mit 22,8 Milliarden nochmals fast zwei Milliarden Euro weniger. Bis Ende 2008 werden die Investitionen dann um weitere zwei Milliarden Euro sinken.

Ausschlaggebend hierfür sind vor allem die Subventionskürzungen, die der Vermittlungsausschuss im Dezember vorigen Jahres beschlossen hat. Diese orientieren sich an der Streichliste der Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD).

Stolpe höchst unzufrieden

Demnach werden zahlreiche Steuer- und Finanzhilfen stufenweise abgebaut. Dementsprechend wird der Bund die Investitionen auch 2006 und 2007 jeweils um mehrere hundert Millionen Euro kürzen. Durch Umschichtungen sei es aber, wie Koalitionskreise berichten, gelungen, den Verkehrsbereich von Einschnitten zu verschonen; der Etat hierfür liegt sogar ein wenig über dem des laufenden Jahres.

Ein Minus muss Verkehrs- und Bauminister Manfred Stolpe 2005 dennoch verbuchen, nämlich beim Städtebau. Im Jahr 2008 muss er der mittelfristigen Finanzplanung zufolge zudem auf eine weitere Milliarde verzichten, weil dann das Sonderprogramm "Investive Altlasten Schiene" ausläuft.

Alles in allem wird der Bund 2008 nur noch 20,8 Milliarden Euro investieren. Stolpe soll, wie Insider der Regierung berichten, deswegen mit dem Ergebnis der Etatverhandlungen höchst unzufrieden sein. Sein Sprecher mochte sich dazu am Sonntag nicht äußern, verwies aber darauf, dass das Kabinett dem Etat am Mittwoch erst noch zustimmen müsse.

Ohnehin ist es Eichel nur durch einen Haushaltstrick gelungen, die Investitionen auf dem jetzt vorgesehenen Niveau zu halten: So wird der Finanzminister im nächsten Jahr das so genannte ERP-Sondervermögen auflösen, einen Zwölf-Milliarden-Topf, der sich immer noch aus den Wiederaufbau-Mitteln speist, die die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg über den Marshallplan bereitgestellt hatten.

Eichel will im nächsten Jahr 258,3 Milliarden ausgeben

Bis heute nutzt das Bundeswirtschaftsministerium diesen Fonds, um deutschen Unternehmen günstige Darlehen zu gewähren. Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement wollen den Fonds nun in die Hände der Staatsbank KfW geben.

Die Banker wollen das Fördervolumen aufrecht erhalten, werden aber, weil sie vom Kreditgeschäft mehr verstehen, wesentlich effizienter wirtschaften und dem Bund deshalb zwei Milliarden Euro in die leere Kasse überweisen. Ein Bericht des Spiegel wurde am Wochenende in Koalitionskreisen bestätigt.

Obwohl die Investitionen kontiniuierlich sinken werden, will der Finanzminister die Gesamtausgaben des Bundes fast konstant halten. Im nächsten Jahr will Eichel demnach 258,3 Milliarden Euro ausgegeben, ein Plus von einer Milliarde gegenüber den Planzahlen des laufenden Jahres, die aber - weil die Kosten für die Arbeitslosenunterstützung höher sind als erwartet - deutlich übertroffen werden dürften.

Bis 2008 strebt er dann einen weiteren Ausgabenzuwachs von 1,7 Milliarden Euro an, auf 260 Milliarden Euro. Eichel wird damit seine Ausgaben um durchschnittlich ein viertel Prozent jährlich steigern und deutlich unter dem Soll bleiben, das der Finanzplanungsrat ihm noch am Mittwoch voriger Woche auf seinen Antrag zugebilligt hatte: Demnach darf der Bund die Ausgaben um bis zu ein Prozent jährlich erhöhen.

© SZ vom 21.06.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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