Hauptversammlung der Deutschen Bank:Klarheit gefragt

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Josef Ackermann steht ein turbulenter Tag bevor. Die Anteilseigner, die in der Frankfurter Festhalle zusammenkommen, wollen Klarheit. Auch über die Pannenserie der vergangenen Wochen.

Von Lothar Gries

Die Aktionäre wollen wissen, wie es bei Deutschlands größtem Kreditinstitut in den vergangenen Wochen zu der Serie von Pannen, handwerklichen Fehlern und der stümperhaften Kommunikation im Zusammenhang mit dem Börsengang der Postbank kommen konnte.

(Foto: Foto: dpa)

Börsengang ins Wanken gebracht

Wie war es möglich, dass sich die Deutsche Bank als Konsortialführer dazu verleiten ließ, gleichzeitig eine komplette Übernahme der Postbank zu prüfen und damit die gesamte Emission ins Wanken brachte?

Wie war es möglich, dass eine interne Bewertung der Postbank in die Öffentlichkeit gelangte, die deutlich niedriger ausfiel als vom Kunden erwartet?

Ackermann hat bis jetzt geschwiegen

Damit hat die Deutsche Bank auf ihrem Heimatmarkt die durch den Mannesmann-Prozess bereits ramponierte Reputation zusätzlich beschädigt. Und wer gehofft hatte, dass sich Bankchef Ackermann endlich zu Wort melden werde, um die Spekulationen und Pannen aufzuklären, wartete bis jetzt vergeblich.

Dabei sollte Ackermann nicht nur in Sachen Postbank ein klärendes Wort finden. Auch werden die Aktionäre und die Akteure auf den Finanzmärkten endlich wissen wollen, wohin die Bank steuert.

Soll der Konzern fit gemacht werden für die Fusion mit einem ausländischen Wettbewerber oder geht es eher darum, selbst als Käufer aufzutreten, um auf dem europäischen Bankenmarkt eine stärkere Position zu erlangen?

18 Prozent Wertverlust der Bankaktie

Der Flirt des Geldhauses mit dem weltgrößten Finanzkonzern Citigroup Anfang des Jahres hat jedenfalls für erhebliche Verunsicherung gesorgt.

Zwar kletterte der Aktienkurs auf dem Höhepunkt der Konsolidierungsdebatte auf 77 Euro. Der Anstieg erwies sich jedoch als nicht nachhaltig. Die Aktie der Deutschen Bank verlor in den vergangenen Wochen 18 Prozent an Wert.

Wenig vertrauenswürdig erscheinen auch die immer wieder in die Öffentlichkeit gelangten Gerüchte über einen Richtungsstreit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand über den Kurs des Geldhauses.

Heimatmarkt scheint wenig interessant

Trotz des eindeutigen Bekenntnisses Ackermanns zum Standort Deutschland vermittelt der Bankchef bisher kaum den Eindruck, als genieße der Ausbau der Stellung auf dem Heimatmarkt Priorität.

Sicher, das überwiegend in Deutschland angesiedelte Geschäft mit Privatkunden ist wieder fester Bestandteil des Bankgeschäfts und steht nicht mehr auf der Verkaufsliste.

Doch ist bisher nicht absehbar, wie es der Bank ohne Zukäufe gelingen könnte, ihren seit Jahren bei lediglich sechs Prozent stagnierenden Marktanteil in diesem Segment nachhaltig zu steigern.

London und New York dominieren

Dominiert wird das Geldhaus ohnehin von den von London und New York aus agierenden Investmentbankern. Sie erwirtschaften nicht nur drei Viertel aller Erträge, ihnen gehören auch neun Prozent der Anteile an der Bank. Die können sie jedoch nur dann wirklich Gewinn bringend verkaufen, wenn der Konzern veräußert wird.

Angesichts derartiger Spekulationen wäre Ackermann gut beraten, auf der Hauptversammlung Führungsstärke zu zeigen. Er sollte sich für die Verfehlungen der letzten Wochen entschuldigen und die Haltung der Bank in der unendlichen Debatte um die Neuaufstellung der Kreditwirtschaft erläutern.

Reingewinn auf 1,4 Milliarden Euro gestiegen

Wenn sie auf die Geschäftsentwicklung des vergangenen Jahres blicken, haben die Aktionäre eigentlich keinen Grund zu meckern. Dank des rigorosen Sparkurses und der Konzentration auf das operative Bankgeschäft wurde die Eigenkapitalrendite vor Steuern von zuletzt vier Prozent auf 13 Prozent verbessert.

Der Reingewinn stieg von 400 Millionen auf 1,4 Milliarden Euro. Die Zahlung einer Dividende von 1,50 Euro pro Aktie für das abgelaufene Geschäftsjahr kann sich also sehen lassen.

Auch im ersten Quartal 2004 hat sich die positive Entwicklung fortgesetzt. Allein in diesem Zeitraum stieg der Gewinn auf 941 Millionen Euro. Ackermann und seine Mannschaft haben also beachtliche Werte geschaffen.

Dass diese Leistung an diesem Mittwoch nicht im Mittelpunkt steht, hat sich die Führungsspitze selbst zuzuschreiben.

© SZ vom 02.06.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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