Hartz IV:Arbeitslose Manager müssen nicht im Park fegen

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Zumutbare Tätigkeiten dürfen die Aufnahme eines neuen Jobs nicht behindern — sagt der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit.

Von Nina Bovensiepen

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hat Befürchtungen zurückgewiesen, dass Arbeitslose künftig Jobs annehmen müssen, die deutlich unter dem Niveau ihrer alten Beschäftigung liegen.

Die Einführung des Arbeitslosengeldes II zum 1. Januar 2005 werde nicht dazu führen, dass beispielsweise ein beschäftigungsloser Manager als Parkfeger arbeiten müsse. "Zu solchen Extremen wird es nicht kommen", sagte Weise der Süddeutschen Zeitung. Es gehe darum, die Menschen wieder einzugliedern.

Mehr öffentliche Beschäftigungsverhältnisse

Das Gesetz zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) sieht vor, dass Erwerbslose jeden zumutbaren Job annehmen müssen. Die Tätigkeit dürfe aber niemanden bei der Aufnahme eines neuen Jobs in seinem alten Beruf behindern, erklärte Weise. "Wenn zum Beispiel ein Klavierspieler als Maurer eingesetzt würde, bestünde die Gefahr, dass er die Fingerfertigkeit verliert. Das darf nicht sein."

Der BA-Chef bekräftigte jedoch, dass Erwerbslose künftig verstärkt in öffentlichen Beschäftigungsverhältnissen und in sozialen Einrichtungen eingesetzt werden sollen. Zum Beispiel sollen arbeitslose Erzieherinnen Aufgaben in der Kinderbetreuung übernehmen. Hier sei man mit den Wohlfahrtsverbänden und Kommunen im Gespräch.

Die BA drängt auch deshalb darauf, mehr Erwerbslose in öffentlicher Beschäftigung unterzubringen, um dem statistischen Effekt entgegenzuwirken, dass die Arbeitslosenzahl Anfang des Jahres deutlich steigen dürfte.

Mit der Gesetzesänderung werden sich vermutlich viele Sozialhilfeempfänger - die bisher nicht in der BA-Statistik geführt wurden - arbeitslos melden, um zu vermeiden, dass sie Geld verlieren.

Immobilieneigner bevorzugt

Das Hartz-IV-Gesetz enthält neben der Vorgabe, jeden zumutbaren Job anzunehmen, weitere Klauseln, die Interpretationsspielräume und damit Konfliktpotenzial bieten. So übernehmen die Kommunen "angemessene" Unterkunfts- und Heizkosten.

Außerdem werden ein "angemessenes" Haus oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht bei der Ermittlung des Vermögens der Betroffenen angerechnet.

Was als angemessen gilt, ist dabei jeweils nicht eindeutig festgelegt. Es wird sich unter anderem nach regionalen Immobilien- und Mietpreisen sowie Lebensverhältnissen unterscheiden. Die Verantwortung dies zu regeln, liege bei den Kommunen, erklärte Weise.

Zwar sind viele dieser Vorschriften im Bereich der Sozialhilfe lange erprobt. Mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II und dem erweiterten Kreis der Betroffenen erregen sie aber neues Aufsehen.

Erst am Wochenende musste Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) Meldungen entgegengetreten, dass Arbeitslose in großem Umfang in leere Plattenbauten in Ostdeutschland umziehen müssten.

© SZ vom 28.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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