Hansestadt:Teurer Standort, ältere Gründer

Lesezeit: 1 min

Was ist in der Stadt anders als in der Start-up-City Berlin? Das Leben ist hier teurer, die Menschen sind vorsichtiger.

Von Sophie Burfeind

Wenn es um das Risikokapital geht, das Gründer in Deutschland erhalten, kann keine Stadt mit Berlin mithalten. 1,5 Milliarden Euro sammelten Start-ups in der Hauptstadt im ersten Halbjahr ein, danach folgte Bayern mit 213 Millionen Euro und Hamburg mit 178 Millionen Euro (dreimal so viel wie im Vorjahreszeitraum). Insgesamt haben deutsche Gründer so viel Risikokapital erhalten wie noch nie. Das geht aus einer Studie hervor, die die Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) vor einigen Tagen veröffentlicht hat.

Warum wird auf einmal so viel in Start-ups investiert? Jan Brorhilker ist Partner von Ernst & Young in Hamburg und Mitherausgeber der Studie. Dass vermehrt in Start-ups investiert werde, habe vor allem zwei Gründe, sagt er: Durch die Geldpolitik der EZB sei viel Geld verfügbar, Investitionsmöglichkeiten seien aber begrenzt. Deshalb würden Investitionen in Start-ups per se attraktiver, besonders aber, weil die Investitionsabläufe professioneller geworden seien. Die Beratung habe sich verbessert, und es werde mehr investiert.

Wegen grundsätzlicher Unterschiede zwischen Berliner und Hamburger Start-ups unterschieden sich auch die Investitionssummen. "In Berlin gibt es 70 000 Hochschulabsolventen, die jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt drängen, aber kaum große Konzerne", sagt Brorhilker. Deswegen gründeten viele nach der Uni ein eigenes Unternehmen - wegen vergleichsweise niedriger Lebenshaltungskosten in Berlin ist das recht einfach möglich. Viele der Start-ups gebe es dann aber nicht besonders lang.

In Hamburg, wo das Leben teurer ist und es mehr Konzerne gibt, überlegten sich die Menschen genauer, ob sie gründen - und seien oft älter, so Brorhilker: "Hier wird deutlich konservativer gegründet, mit weniger Risiko." Was bedeutet, dass auch die benötigten Investitionen geringer sind. Manche Investoren hätten mehr Vertrauen in Unternehmen, bei denen die Wahrscheinlichkeit größer sei, dass sie länger existieren.

Zu den Rekordsummen der Berliner Start-ups muss man zudem wissen: Allein 747 Millionen Euro entfielen auf Investitionen in den Essens-Lieferanten Delivery Hero und den Auto-Großhändler Auto1.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: