Haniel:Raus aus Metro, rein in Start-ups

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Haniel erläutert die Strategie und den geplanten Stellenabbau in Duisburg. Künftig will sich das Unternehmen auf die Bereiche Gesundheit, Robotik, Kreislaufwirtschaft und Klimawandel konzentrieren.

Von Benedikt Müller, Duisburg

Thomas Schmidt hat in den "Creative Space" seiner altehrwürdigen Firma geladen. Der Haniel-Chef trägt weder Sakko noch Krawatte zu seinem Hemd, er steht am hohen Besprechungstisch, hat seine Unterlagen nur auf dem Tablet dabei. Ganz im Sinne seiner Botschaft: Eines der ältesten Familienunternehmen Deutschlands, reich geworden mit Kohle und Stahl, soll "modern, unternehmerisch, mutig" werden. "Wir schlagen ein neues Kapital auf bei Haniel", so Schmidt, seit Juli Vorstandschef in Duisburg.

Dazu gehört, dass sich Haniel von der Beteiligung am Handelskonzern Metro trennen will. "Wir haben für uns einen Weg gefunden, und der Weg heißt: Ausstieg", sagt Schmidt. Haniel hatte vor einem Jahr sieben Prozent der Metro-Aktien an den tschechischen Unternehmer Daniel Křetínský verkauft; dessen erster Versuch einer Komplettübernahme ist allerdings gescheitert. Möglich daher, dass Křetínský seine Option auf die restlichen 15 Prozent der Anteile, die Haniel noch hat, nicht ziehen könnte. "Dann müssen wir uns noch mal neu sortieren", sagt Schmidt. "Aber im Moment gibt es keinen Grund, dass wir das tun."

Haniel hatte nach dem Zweiten Weltkrieg nach und nach Montangeschäfte abgegeben und stattdessen in Händler und Dienstleister investiert. Allerdings brockten die Beteiligungen an Metro und dem Media-Saturn-Konzern Ceconomy der Familie zuletzt Milliarden-Abschreibungen ein, da die Handelsketten an Börsenwert verloren. Haniel ist etwa auch am Hygienedienstleister CWS und am Edelstahlverwerter ELG beteiligt. Das Portfolio sei derzeit "sehr divers", sagt Schmidt. "Das möchten wir in Zukunft mehr fokussieren."

Fortan wolle das Unternehmen nur noch in nachhaltige Geschäftsmodelle investieren. Dabei fokussiere sich Haniel auf die Bereiche Gesundheit und Wohlbefinden, Robotik und Automatisierung sowie Kreislaufwirtschaft und Klimawandel. Zudem wollen die Duisburger in den nächsten Jahren 500 Millionen Euro in junge und wachsende Firmen investieren - indirekt über Fonds und Private-Equity-Gesellschaften. Ziel sei insgesamt eine jährliche Rendite von neun Prozent, die letztlich den gut 700 lebenden Nachfahren des Ahnen Franz Haniel zugutekommt.

Dafür soll auch die Dachgesellschaft in Duisburg "schlanker" werden, wie Haniel bereits am Montagabend mitteilte: 60 von 180 Stellen sollen dort wegfallen. Beispielsweise will sich das Unternehmen die doppelte Revision der Geschäftszahlen sparen, die bislang sowohl in den Beteiligungen als auch in der Holding stattfindet. Auch die Digitaleinheit "Schacht One", die Zukunftsgeschäfte für die Beteiligungen entwickelt, soll schrumpfen: Alle Geschäftsbereiche hätten mittlerweile eigene digitale Kompetenzen, erklärt Schmidt.

All dies geschehe "mit der vollen Unterstützung der Familie", betont der Vorstandschef. Deren prominentester Vertreter, Aufsichtsratschef Franz Markus Haniel, will seinen Posten im kommenden April an Doreen Nowotne abgeben, wie Haniel ebenfalls bereits am Montagabend mitteilte. Mithin rückt erstmals in gut 260 Jahren Firmengeschichte eine familienfremde Frau an die Spitze des Kontrollgremiums.

© SZ vom 18.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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