Handelsstreit USA-China:Erste Scharmützel

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Model Helena Christensen posiert für Teilnehmer eines Huawei-Fotokurses. (Foto: Jeff Spicer/AP)

Washington und Peking verhandeln darüber, wie sich ein Handelskrieg doch noch abwenden lässt. Dabei findet er bereits statt: Die USA nutzen Iran-Sanktionen, um chinesische Telekomriesen aus dem Markt zu drängen.

Von Christoph Giesen, Peking

Vier Seiten, eng bedruckt, hatten sie der chinesischen Regierung vorab zukommen lassen. Eine kleine Anregung aus Washington, zur Einstimmung gewissermaßen: Bis Ende 2020 soll China demnach sein Handelsdefizit mit den Vereinigten Staaten um 200 Milliarden Dollar senken, außerdem möge die chinesische Führung ihr ehrgeiziges Industrieprogramm "Made in China 2025" weitestgehend einstellten, heißt es in dem Dokument. Über Details könne man reden.

Entsprechend frostig war die Stimmung, als Ende vergangener Woche eine Delegation, angeführt von US-Finanzminister Steven Mnuchin, in Peking landete. Zwei volle Tage sollten sie verhandeln, um einen Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt doch noch zu verhindern. China gegen die Vereinigten Staaten - Strafzölle auf Produkte im Wert von 150 Milliarden Dollar stehen im Raum. Das Ergebnis: Man ist sich nur einig darüber, dass man uneins ist.

Die ersten Scharmützel haben bereits begonnen. Im Fokus stehen die chinesischen Mobilfunkkonzerne ZTE und Huawei. Kaum eine Woche vergeht ohne neue Hiobsbotschaften für eines der beiden Unternehmen. Die jüngste Meldung: Die Regierung in Washington prüft angeblich, auf allen US-Militärstützpunkten weltweit aus Sicherheitsgründen den Einsatz von Smartphones der beiden Hersteller zu untersagen. Eine entsprechende Verordnung könne US-Präsident Donald Trump in den kommenden Wochen unterzeichnen, meldet das Wall Street Journal.

ZTE darf sieben Jahre lang keine US-Technologie mehr kaufen. Das trifft den Konzern im Kern

Verglichen damit, was vor gut drei Wochen über ZTE, den zweitgrößten Netzwerkausrüster Chinas, hereinbrach ist, wäre das allerdings beinahe eine Petitesse. Sieben Jahre lang soll ZTE jeder Zugang zu amerikanischer Technologie versperrt werden. Der Grund: Sanktionsbruch. Jahrelang hatte der chinesische Telekom-Ausrüster trotz des geltenden Embargos Netzwerktechnik in den Iran geliefert. Problematisch war das vor allem deshalb, weil dabei auch Komponenten amerikanischer Hersteller verbaut wurden. Auch nach Nordkorea soll das Unternehmen seine Produkte widerrechtlich exportiert haben.

Begonnen hatten die Ermittlungen bereits 2012, nachdem in Zeitungen zum ersten Mal über die Iran-Geschäfte zu lesen war. Wenig später belastete der Konflikt dann das Verhältnis zwischen Peking und Washington. 2016 noch warnte die chinesische Regierung lautstark vor einer Sanktionierung von ZTE. Sollten die amerikanischen Behörden, das Unternehmen nicht von ihrer "schwarzen Liste" nehmen, drohte Peking, könne das die chinesisch-amerikanischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen beschädigen. Damals hieß der Präsident in Washington noch Barack Obama. Kaum war sein Nachfolger im Amt, jener Donald Trump, der Strafzölle und andere Barrieren für probate Mittel der Handelspolitik hält, bekannte sich ZTE im vergangenen Frühjahr schuldig, das US-Handelsrecht verletzt und die Ermittlungen behindert zu haben. Ein Bußgeld in Höhe von 892 Millionen Dollar wurde fällig.

Nur wer reinen Tisch macht, dem bieten die amerikanischen Behörden einen halbwegs bezahlbaren Deal an. Das zeigen die Einigungen, die zahlreiche Banken wegen unterschiedlicher Vergehen in den vergangenen Jahren erzielt haben. Der ZTE-Vergleich lief allerdings völlig anders: Das Unternehmen musste lediglich Informationen offenlegen, die von den Behörden in der Volksrepublik nicht als Staatsgeheimnisse eingestuft worden sind. Und von diesen Geheimnissen, so berichten Anwälte, gab es jede Menge. So stempelt Peking etliche Verträge im Telekommunikationssektor routinemäßig als Verschlusssache.

Auch ohne diese offiziell klassifizierten Informationen förderten die amerikanischen Ermittler ein System von Tarnfirmen zu Tage, mit dem die Lieferungen an den Iran verschleiert werden sollten. Entscheidende Hinweise sollen auf dem beschlagnahmten Laptop eines ZTE-Anwalts gefunden worden sein. Nach Erkenntnissen der Ermittler lieferte der chinesische Konzern Telekom-Ausrüstung im Wert von 32 Millionen Dollar an den Iran.

Doch damit nicht genug. Im April teilte das US-Handelsministerium mit, dass ZTE bei den Vergleichsverhandlungen und auch danach noch falsche Angaben gemacht habe. Deshalb wurde nun die siebenjährige Zugangssperre zu US-Technologie, die zunächst zur Bewährung ausgesetzt war, in Kraft gesetzt. Das könnte ZTE Milliarden kosten. Der Konzern ist auf etliche Zulieferer aus den USA angewiesen, besonders schmerzhaft dürfte der Verlust der Chips von Qualcomm sein, die in den meisten Android-Smartphones stecken.

Im schlimmsten Fall droht auch Huawei, dem Branchenprimus, ein ähnliches Schicksal. Die US-Justiz ermittelt. Wieder geht es um den Iran. Gegründet wurde Huawei vor drei Jahrzehnten in Südchina, inzwischen setzt das Unternehmen 93 Milliarden Dollar um - doppelt so viel, wie die beiden wichtigsten Wettbewerber Ericsson und Nokia noch mit Netzwerktechnik verdienen. In Europa ist Huawei stark vertreten, nur in den USA tut sich der Konzern schwer. Im Oktober 2012 kam eine Studie des Kongresses in Washington nach einjähriger Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Huawei enge Kontakte zur chinesischen Regierung unterhalte. Angeblich vor allem zum Militär. Huawei bestreitet das. Die Konsequenz: Die großen Mobilfunkanbieter in den USA setzen keine chinesische Technik ein. Nur in einzelnen regionalen Netzen sind ZTE oder Huawei vertreten.

Ähnlich schwierig ist für die beiden Firmen auch der Handy-Verkauf. Der Großteil des Geschäfts wird über die Mobilfunkfirmen abgewickelt - wer einen neuen Vertrag abschließt, bekommt ein subventioniertes Gerät dazu. Smartphones von Huawei oder ZTE sind nicht im Angebot und nur über den Direktverkauf zu bekommen - ein Bruchteil des Marktes in den USA. Die Folge: Huawei kauft deutlich mehr in den Vereinigten Staaten zu, als die Firma dort verkauft. Doch wie lange noch? Der Konkurrent ZTE hat bereits USA-Verbot.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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