Handel mit Afrika:Mit der Kneifzange

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: dimitrov)

Die Bundesregierung will die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Afrika fördern. Doch ein paar Anreize genügen nicht, um mehr Investitionen auf dem Kontinent zu entfachen.

Von Marcel Grzanna

Die Bundesregierung ruft deutsche Unternehmen auf, sich stärker in Afrika zu engagieren. Noch aber ist es nicht gelungen, Euphorie für Investitionen auf dem Kontinent zu entfachen. Auch weil die Unternehmen zu häufig die Risiken selbst tragen müssen.

Die Vision ist ganz einfach: Zehntausende deutsche Firmen entdecken Afrika als Absatzmarkt und Standort der Zukunft. Die Unternehmen investieren überall auf dem Kontinent, generieren hohe Umsätze und sichern langfristig gut bezahlte Arbeitsplätze in Deutschland. Gleichzeitig schaffen sie damit auch in afrikanischen Staaten Millionen neuer Jobs. Die Zielländer machen riesige Sprünge in der Wertschöpfungskette des internationalen Wirtschaftskreislaufs, breite Mittelschichten, mehr Bildungschancen und berufliche Perspektiven entwickeln sich, und am Ende muss kaum noch jemand wegen Armut die Flucht nach Europa antreten. Viele aktuelle Probleme hier und dort würden sich förmlich in Luft auflösen.

Klingt eigentlich ganz simpel. Doch die Realität hält zahlreiche Hürden auf dem Weg zu diesem Szenario bereit. Politische Unsicherheiten in den Zielländern sind nur ein Problem, das beispielsweise deutsche Mittelständler von der Erschließung neuer Märkte abhält. Die Suche nach qualifizierten Angestellten in allen Bereichen wirtschaftlichen Schaffens, willkürliche oder unsinnige Bürokratie und vor allem auch die Risiken der Finanzierung neuer Projekte unter solchen Bedingungen sind Bremsklötze des Masterplans.

Andere Länder wie China, Russland oder Indien sind bereits sehr aktiv

"Ohne verlässliche Rahmenbedingungen fällt es schwer, in solchen Märkten Fuß zu fassen, und es wirkt entmutigend auf die Unternehmen", sagt Gregor Wolf, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Exporthandels (BDEx). Die Zahlen sprechen für sich: Nur rund 1000 deutsche Firmen sind auf dem gesamten Kontinent engagiert, im Rest der Welt sind es etwa 400 000. Die Zurückhaltung machen sich längst andere Akteure zunutze. Länder wie China, Russland oder Indien haben große Teile Afrikas bereits als Absatzmarkt, Billiglohnland oder Lieferant für Rohstoffe entdeckt. Die Sorge des Westens dabei sind wenig nachhaltige Standards der Investoren, die vielen afrikanischen Ländern, ganz gleich, ob von korrupten Despoten regiert, kurzfristige Einnahmen bescheren, dem Kontinent aber langfristig nicht auf die Beine helfen. Von verpassten Chancen für deutsche Firmen ganz zu schweigen.

Im Gegensatz dazu haben sich die Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD, zu der auch Deutschland gehört, darauf geeinigt, soziale und politische Grundsätze sowie die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards als Norm anzuerkennen. Zudem ist die OECD um Fair Play bemüht, wenn es um Finanzierungen und staatliche Hilfen in ihren Mitgliedsländern geht. Auch das verhindert manche schnelle Investition in Afrika. Bittet dort ein ausländischer Partner ein deutsches Unternehmen um eine Geschäftsabwicklung in Landeswährung, weil er Verbindlichkeiten in Dollar oder Euro scheut, kann es passieren, dass das komplizierte OECD-Regelwerk dem deutschen Unternehmer bei dem Wunsch nach einer finanziellen Absicherung durch die Bundesregierung in die Quere kommt. Weil lokale Banken in afrikanischen Märkten oft horrend hohe Zinssätze von bis zu 40 Prozent für Kredite verlangen, hat die deutsche Förderbank KfW den African Local Currency Bond Fund (ALCBF) gegründet, der mithilfe von Partnern wie der Afrikanischen Entwicklungsbank die örtlichen Kapitalmärkte zu fördern versucht.

Die OECD-Mitgliedsländer sind sich über die Probleme im Klaren und versuchen, ihre Regelungen an die neuen Herausforderungen anzupassen. Doch das benötigt Zeit. Die zuständige Arbeitsgruppe kommt zu selten zusammen, um zahlreiche Interessen schnell integrieren zu können. "Die OECD ist ein schwerfälliger Tanker. Da können Reformen etwas dauern", sagt BDEx-Geschäftsführer Wolf. Die Bundesregierung hatte schon vor einem Jahr in einem Eckpunktepapier mehrere Initiativen eingeleitet, um Afrika wirtschaftlich zu entwickeln. Im Rahmen ihrer G-20-Präsidentschaft brachte sie den Compact with Africa (CwA) auf den Weg, der afrikanischen Partnern finanzielle Unterstützung garantiert, wenn diese Reformen im Sinne der Geberländer umsetzen. Auch das Entwicklungsministerium mit seinem Marshallplan mit Afrika und das Wirtschaftsministerium mit der "Pro! Afrika"-Initiative haben Vorschläge unterbreitet. Als wichtigen Schritt haben Wirtschaftsverbände die jüngste Kürzung des Selbstbehalts für deutsche Unternehmen in fünf afrikanischen Ländern im Rahmen der Hermesdeckung bezeichnet. Statt zehn Prozent müssen die Firmen dort nur noch fünf Prozent selbst absichern.

Die Hermesdeckung gehört zu den wichtigsten Instrumenten, mit der die Bundesregierung die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den afrikanischen Staaten stimulieren will. In 34 von 55 Ländern können Geschäfte mit privaten Bestellern mit Exportkreditgarantien abgesichert werden. Hermesgedeckte Lieferungen und Leistungen an den öffentlichen Sektor sind in 22 Ländern möglich. Doch viele Anfragen werden abgelehnt.

Banken sind sehr zurückhaltend, wenn es um Finanzierungen in Afrika geht

Wenn die Ware eines deutschen Lieferanten zu mehr als 49 Prozent aus Zulieferungen aus dem Ausland besteht, sinkt das Interesse der Regierung massiv, den Unternehmer abzusichern, weil allenfalls die Hälfte der Wertschöpfung aus Deutschland stammt. Fast aussichtslos ist eine staatliche Absicherung von frühen Projektphasen, in denen sich Geschäfte erst anbahnen, aber noch nicht endgültig beschlossen sind.

"Die Unternehmen müssen Marktanalysen und Machbarkeitsstudien selbst finanzieren. Das kann sie Millionen kosten", sagt BDEx-Mann Wolf, der sich wie andere Verbandsvertreter eine stärkere Unterstützung der Unternehmer durch öffentliche Mittel wünscht. Auch weil die Banken in Deutschland sehr zurückhaltend sind, wenn es um die Finanzierung von Projekten in Afrika geht, die nicht zu 100 Prozent erfolgversprechend sind.

Das "Pro! Afrika"-Konzept des Wirtschaftsministeriums sieht deshalb vor, die Strukturen der deutschen Außenhandelskammern zu stärken, um an Ort und Stelle zumindest besser informieren und helfen zu können.

Um den bürokratischen Aufwand für die Mittelständler zu verringern, ist jetzt eine schnellere Bearbeitung über das Internet zu geringeren Gebühren möglich. Um verbleibende Lücken zu schließen, bietet die Entwicklungsgesellschaft DEG Zuschüsse bis zu 200 000 Euro.

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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