Gute Haushaltslage:Bund braucht deutlich weniger Kredite

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Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit einer deutlich niedrigeren Neuverschuldung als bisher bekannt. Die Nettokreditaufnahme wird laut Regierungskreisen aus heutiger Sicht eine Größenordnung von 15 Milliarden Euro erreichen.

Von Claus Hulverscheidt

Laut Haushaltsplan will der Bund im laufenden Jahr neue Darlehen im Volumen von 19,6 Milliarden Euro aufnehmen. Selbst Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte allerdings bereits eingeräumt, dass diese Zahl wohl zu hoch gegriffen sei. Er sprach zuletzt von "unter 18 Milliarden Euro".

Grund für die positive Entwicklung sind unter anderem die unerwartet kräftig sprudelnden Steuereinnahmen. Allein im Februar verbuchten Bund, Länder und Gemeinden im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Plus von 16,7 Prozent.

Die Lohnsteuer legte um 6,1 Prozent, die Mehrwertsteuer gar um 22,8 Prozent zu. Am stärksten profitierte der Bund, dessen Einnahmen um fast 25 Prozent auf 15,4 Milliarden Euro stiegen.

Die Länder kamen auf 15,6 Milliarden Euro und erhielten damit zehn Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Zuwächse beruhten allerdings zum Teil auf Umsätzen aus dem Weihnachtsgeschäft. Hinzu kamen höhere Steuervorauszahlungen der Unternehmen für 2007.

"Der Februar lief gut, die Entwicklung ist allerdings durch Sonderfaktoren spürbar überzeichnet", hieß es in Koalitionskreisen. Auch ein Sprecher Steinbrücks warnte, es sei noch "zu früh, um die Einnahmeentwicklung auf das Gesamtjahr hochzurechnen". Genaueren Aufschluss werde erst die nächste offizielle Steuerschätzung im Mai geben.

Für den Finanzminister kommen die guten Zahlen zur Unzeit, was auch seine öffentliche Zurückhaltung erklärt: Er fürchtet mit Blick auf die laufenden Verhandlungen über den Haushalt 2008, dass der Rückgang der Neuverschuldung die Bundesministerien und die Fachpolitiker der Koalition zu vermehrten Ausgabenwünschen ermuntern wird.

Das Innen-, das Verteidigungs- und das Entwicklungshilfeministerium haben intern bereits mehr Geld verlangt.

Steinbrück dürfte es schwerhaben, alle Zusatzwünsche abzuwehren. Das gilt umso mehr, als derzeit immer mehr Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wachstumsprognosen für 2007 und 2008 anheben.

Mehr Einnahmen, weniger Ausgaben

Für Bund und Länder bedeutet das noch einmal zusätzliche Einnahmen bei gleichzeitig sinkenden Ausgaben für die Arbeitslosigkeit. Steinbrück will sich am Freitag bei einem Haushaltsgipfel der Koalition von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Rückendeckung für seinen Konsolidierungskurs holen.

Steuerschätzer halten indes selbst die regierungsintern gehandelte Kreditsumme von 15 Milliarden Euro noch für zu hoch. "Ich gehe angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung für 2007 eher von zwölf Milliarden Euro aus", sagte Dieter Vesper vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.

Er erwartet zudem, dass Bund, Länder und Gemeinden das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit auf weniger als ein Prozent der Wirtschaftsleistung werden drücken können. "0,9 oder 0,8 Prozent sind durchaus realistisch", so Vesper. 2006 hatte das Defizit bei 1,7 Prozent gelegen, nachdem Deutschland zuvor viermal in Folge die Drei-Prozent-Grenze des europäischen Stabilitätspakts verletzt hatte.

Ursprünglich nicht berücksichtigte Ausgaben

Allerdings bestehen auch für 2007 und 2008 noch beträchtliche Haushaltsrisiken, die bisher in keinem Finanztableau auftauchen: So muss sich der Bund weiter in ursprünglich nicht vorgesehener Höhe an den Kosten für die Unterkunft Langzeitarbeitsloser beteiligen.

Gleichzeitig steigen die Ausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung und die Entwicklungshilfe, während die Zahlungen der Bundesanstalt für Arbeit an den Bund sinken. Das Gesamtrisiko beziffern Haushälter der Koalition derzeit mit zehn bis zwölf Milliarden Euro.

Noch unübersichtlicher wird es in den Jahren 2009 bis 2011, für die Steinbrück mit dem Haushaltsentwurf 2008 eine Grobplanung vorlegen muss. "2009 wird aus der Schlechtwetterperiode für die Finanzpolitik ein richtiger Sturm", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Steffen Kampeter (CDU) der Süddeutschen Zeitung.

Deshalb müsse Steinbrück bereits heute zusätzlich sparen und zudem das Bekenntnis abgeben, die Neuverschuldung des Bundes bis 2011 möglichst auf null herunterzufahren. "Je eher wir den Haushaltsausgleich schaffen, desto besser sind wir für den Sturm gerüstet", so Kampeter.

Ähnlich äußerte sich sein SPD-Kollege Carsten Schneider. "Wir sollten 2011 nahe null sein", sagte er. Mit Blick auf die auch von Kampeter genannten Haushaltsrisiken äußerte er allerdings Zweifel, dass dieses Ziel allein über Steuermehreinnahmen zu erreichen sei.

© SZ, vom 20.03.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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