Guillaume de Posch:Der verlängerte Arm des Investors

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Haim Saban macht Guillaume de Posch zum Chef von ProSiebenSat.1. Damit rückt der Belgier auf den Posten seines Freundes Rohner nach.

Von Kristina Läsker

Entweder kann Monsieur de Posch gut lügen oder er war ahnungslos. "Ich unterstütze nur meinen Freund Urs Rohner bei der Geschäftsführung", hatte der 46-jährige Belgier noch am 20. Februar geantwortet, als Journalisten von ihm wissen wollten, was genau seine Aufgabe beim Fernsehsender ProSiebenSat.1 sei.

Auf dem Podium zur Bilanz-Pressekonferenz hatte Vorstandsmitglied de Posch zwei Plätze links vom nun gestürzten ProSieben-Chef Rohner gesessen und meist geschwiegen; nun rückt er vor auf dessen Stuhl.

Es war bloß eine Frage der Zeit, dass der wenig erfolgreiche Schweizer Rohner gehen musste, heißt es in der Medienbranche. Die Entscheidung sei wohl in den letzten zwei Wochen gefallen.

Unbarmherziger Kosten-Drücker

Seit Mitte September dürfte der schmale Belgier mit der Nickelbrille an seinem Aufstieg gearbeitet haben. Da hatte ihn der Mehrheitsaktionär der Sendergruppe, Haim Saban, zum Chief Operating Officer ernannt. Eine Stelle, die extra für de Posch neu geschaffen wurde.

Seitdem überprüft er jeden einzelnen Sendeplatz, ob er die Kosten deckt (Vorgabe: 15 Prozent Umsatzrendite) - und berichtet sogleich in die USA. Intern gilt er als sachlicher, aber unbarmherziger Kosten-Drücker, der die Budgetvorgaben durchsetzt.

Saban und sein Intimus de Posch kennen sich aus Frankreich, wo der Belgier beim 1996 gegründeten Pay-TV-Sender Télévision Par Satellite (TPS) arbeitete. Dort begleitete de Posch von 1997 an als stellvertretender Geschäftsführer den Aufbau und verantwortete das Programm. Der Pariser Sender ist Teil der TF-1-Gruppe, zu dessen Aufsichtsrat auch Haim Saban gehört.

Vertraut mit dem europäischem Programmgeschäft und Digitalfernsehen galt de Posch bereits früh als geeigneter Kandidat für den US-Investor Saban, als dieser die Sendergruppe aus Unterföhring im August 2003 übernahm. Mithilfe seines verlängerten Armes de Posch konnte Saban Urs Rohner im Amt belassen - und hatte dennoch direkten Einblick in die Geschäfte.

Schwierige Aufgaben

Auf den Belgier warten einige schwierige Aufgaben: Die Sorgensender ProSieben und N24 müssen trotz Werbeflaute profitabler werden; intern tobt der Streit mit dem Abosender Premiere um den Einstieg ins Digitalfernsehen und den Kauf der Fußball-Bundesliga-Rechte.

Von Haus aus ist de Posch Betriebswirt, er studierte bis 1982 an der Ecole der Commerce Solvay in Brüssel. Ins Fernsehgeschäft wechselte er erst neun Jahre später. 1984 begann er beim Energiekonzern Tractebel. Zuletzt arbeitete er dort als Vice President Far East in Hongkong. 1990 ging de Posch, der drei Kinder hat, zurück nach Belgien zur Unternehmensberatung McKinsey.

1993 begann er in Luxemburg beim Rundfunkunternehmen CLT (jetzt RTL Group) als Assistent des Geschäftsführers. Später verantwortete er deren französische TV-Programme. Diese Erfahrung dürfte ausschlaggebend gewesen sein für seine aktuelle Ernennung: De Posch gilt als versierter Programm-Mann und nach vier Jahren Arbeit bei RTL, dem schärfsten Konkurrenten der ProSiebenSat1-Gruppe, dürfte er den deutschen Markt bestens kennen.

© SZ vom 24.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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